Liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Kurs „Gelebte Almkultur“ auf der Großternbergalm!
Das war ein schöner Tag mit Euch, dort oben auf der Alm, wo man noch ungeniert vom Wildschützen singen kann und vom Hoe dra da he i. Weiterlesen
Das war ein schöner Tag mit Euch, dort oben auf der Alm, wo man noch ungeniert vom Wildschützen singen kann und vom Hoe dra da he i. Weiterlesen
Als ich an diesem Sonntagmorgen in åller Fruah erwachte, hautnah an meiner Sennerin mit Leib und Söl Inge geschichtet, da war ich vollends der Wildschütz springt auf vom Schlåf und suchte nach der Felswand für den oft besungenen Sturz von dort hinunter in ein Gesträuch. Weiterlesen
Da gibt’s nichts zu beschönigen: Dort oben muss man schwer arbeiten, ist den Unbilden des Wetters ausgesetzt und hat seine Plage mit den ausgebüchsten Ochsen und Schafen. Von der Einsamkeit abgesehen, die ja auch Gesundung in sich tragen kann, ist das Leben auf der Alm eine Schinderei von früh bis spät, vom Frühjahr bis in den späten Herbst hinein.
Was uns so alles lieb ist: Die Großeltern, der Hausberg, der Dorfwirt, die Landeshymne, die Ortsmusikkapelle, der alte 2CV in der Garage; die Kirche, der Erzherzog Johann und die Lederhose vom Schwiegervater. An allem lässt sich aber bald einmal ein Haar finden, selbst an den liebsten Dingen: An den Großeltern, die nicht immer Zeit haben, wenn sie gebraucht werden; am Dorfwirt, der die Preise jüngst angezogen hat; an der Landeshymne, die zu viele Strophen und an unserer Kirche, die zu wenig Priester hat; am 2CV der sich im Kreisverkehr zu sehr hinauslehnt; an der Ortsmusikkapelle, die schon einmal schöner gespielt hat und an Schwiegervaters Lederhose, die im Bund zu eng geworden ist. Klagen über Klagen, selbst wenn es um unsere allerliebsten Dinge geht.
Der Erzherzog Johann aber ist ein makelloses Liebkind, ohne Wenn und Aber. Johann steht über den Dingen, wie wir ihn vom Bild her kennen, mit seinem breiten Hut und der Büchs` – auf einem Felsenvorsprung, die Hände verschränkt und den Horizont seiner Steiermark liebkosend.
Der Erzherzog wurde zum Mythos von unendlicher Strahlkraft. Er ist Landeshymne, Landesfahne und Landeswappen zugleich, ein in Stahl gegossener Landeshauptmann auf ewige Zeiten. Unabwählbar. Ja, diesen Eindruck habe ich so nach und nach gewonnen. In ungezählten Wirtsstuben fand ich Johanns Gemälde gleichsam als den Schutzheiligen der Gemütlichkeit und Bodenständigkeit an die Wand genagelt, nicht selten auch in Almhütten – in Gesellschaft gleichfalls hochgeachteter Wildschützen-Bilder, die von rostigen Reißnägeln für Jahrzehnte festgehalten werden.
Der geliebte Satz „Ich bin ja so für das Alte“ wird heute allzu gerne wendet, um sich für sein schlichtes Einfamilienhaus zu entschuldigen, an dessen Außenfassade man alles gehängt hat, was einst Innenleben war oder an frühere Arbeitsvorgänge erinnert. „Ich bin ja so für das Alte“ steht auch für die Mitteilung, dass man dennoch wertzuschätzen weiss, was man gerade durch Begradigungen zerstört oder durch Baumarktdeko ersetzt hat.
Der Mensch tut sich nicht sonderlich schwer, mit seiner Liebe zum Alten und dem gleichzeitigen Reiz des neuen Komfortableren. Er liebt geradezu die Gegensätze. Und so zieht die Hobelbank in das Wohnzimmer ein. Sie trägt nunmehr die Sektgläser und gefällt sich in der Zweckentfremdung, aufgestiegen in das Reich des Wohnens, zur Rechten des Flachbildschirmes. Hat das mit dem Johann etwas zu tun? Im weitesten Sinne vielleicht, denn seine Hinwendung zum Landvolk – in Abgrenzung zum Hofknicks und elitärem Gehabe, ist zur Legende geworden. Auch wenn wir uns nicht direkt auf unseren Prinzen beziehen: Im Hinterkopf darf ein Rest von nostalgischer Verliebtheit an der Ungehobeltheit von Bodenbrettern haften, die auch Prinz Johann so geliebt haben könnte.
Wahrscheinlich liegt es in der Natur von Visionären, dass sie sich auf den Hausverstand und Intuition verlassen und einfach handeln. Johann von Österreich war ein genialer Getriebener, er gründete das Joanneum (1811) zur Geistesbildung der steyermärkischen Jugend, das Steiermärkische Landesarchiv (1817), die Steiermärkische Landwirtschaftsgesellschaft (1819), die Steiermärkische Sparkasse (1825), die Grazer Wechselseitige Versicherung(1828), die Montanuniversität Leoben mit ihrem Vorläufer der hüttenmännischen Lehranstalt in Vordernberg (1840) und den Historischen Verein für Steiermark (1850). Alle diese Unternehmungen und Gründungen waren zur damaligen Zeit beispielgebend und weit vorausgedacht. Welche Rolle aber spielte die Musik für Erzherzog Johann, dem zu Ehren wir auch heute noch mit Inbrunst „Das Gamserl schiaßn is mei Freud…“ zelebrieren?
Der steirische Prinz – wie er von den Steirern liebevoll genannt wird – erhielt wie sein Vater Leopold und seine Geschwister eine gediegene musikalische Ausbildung. Am Florentiner Hof kümmerte sich Hofmeister Marchese Frederigo Manfredini um diesen Teil der Erziehungsarbeit, die Johann in seinen späteren Aufzeichnungen kaum erwähnt. Die musikalische Ausbildung der Erzherzöge sollte – so ist es den, aus dem Jahre 1784 stammenden Erziehungsleitsätzen zu entnehmen – der Erholung der Kinder dienen. Sie war zudem nicht einmal verbindlich. Johann dürfte zwar Klavierunterricht erhalten haben, berichtet aber vor allem vom Unterricht bei „Tanzmeister“ Frühmann, bei dem es sehr lustig zuging.
Fazit: Erzherzog Johanns naturwissenschaftliches Interesse und Begabung haben die musikalische Seite in den Hintergrund gedrängt. Den zeitgenössischen Komponisten war er wenig zugeneigt, wie seine Aufzeichnungen bezeugen. Obwohl Musik in seinem Leben keine überragende Rolle spielte, so war es doch er, der ganz wesentliche Impulse setzte. Dazu gehören der Aufruf zur Sammlung von Volksmusik in der Steiermark (1811) und die darauf folgende Befragungen im ganzen Staatsgebiet durch die „ Gesellschaft der Musikfreunde des österreichischen Kaiserstaates“ (1819). Sein ersten „National- Musikfest“ in Graz (1840) war gleichsam ein erster Ansatz von Volksmusikpflege. Mit seinen zahlreichen Niederschriften der von ihm selbst erlebten vielfältigen Musikalität des Landvolkes dokumentierte er schließlich seine Wertschätzung: Musikalität erlebte er als einen wesentlichen Teil des Lebens und die mündliche Überlieferung als einen schöpferischen Akt.
Etwa 70 Einsendungen mit über 3000 Titeln waren das Ergebnis des ersten Aufrufes zur Sammlung von Volksmusik in der Steiermark. Darunter waren deutsche und steyerische Tänze, Märsche und Menuette, Hochzeits-, Standes-, Liebes- und Weihnachtslieder. Die bedeutendste und umfangreichste Einsendung: Johann Felix Knaffls (1769-1845)
„Versuch einer Statistik vom kameralischen Bezirke Fohnsdorf im Judenburger Kreis“, heute „Knaffl-Handschift“ genannt.
Mag sein, dass diese Rücklaufquote der Befragung (70 Einsendungen) uns heute als nicht sehr hoch anmuten. Erzherzog Johann legte aber damit den Grundstein für alle weiteren Bemühungen um Aufzeichnung von musikalisch-poetischem Volksleben und Brauchtum, die später folgen sollten. Wesentlich aber ist, dass er damit eine neue Wertschätzung einläutete.
Erzherzog war auch Protektor des Steiermärkischen Musikvereins (1819). Er förderte ganz entscheidend die Institutionalisierung und Organisation des Musiklebens in Graz. Und er setzte sich – da er sich seiner mangelnden musikalischen Zuständigkeit bewusst war – ausschließlich für administrative Belange ein. In einem Brief an den Landeshauptmann Graf Attems machte er die ironische Anmerkung: „Wenn es nach dem Sprichworte gehet, welches sagt, wem Gott das Amt giebt, dem giebt er den Verstand, so werde ich noch ein gewaltiger Virtuos werden, und wenn nicht auf irgend einem ausgezeichneten Instrument, doch vielleicht auf der Maultrommel oder dem Hackbrettl.“
Literaturhinweis:
Gudrun Rottensteiner: Erzherzog Johann und die Musik in Erzherzog Johann – Mensch und Mythos. Herausgeg. von Josef Riegler, Graz 2009
Gwandhaus-Journal, Salzburg, 2011; Grundsätzlich sind alle hier veröffentlichten Inhalte urheberrechtlich geschützt und sämtliche Rechte vorbehalten.
„Alles Unsinn“ hat mir ein Freund geraten. Über das Singen sollte man nicht schreiben, sondern es tun. Wie recht er hat! Wie lehrreich ist es aber auch, das Unaussprechliche auszusprechen. Zu betrachten, was eigentlich besser gefühlt werden soll. Einmal den ganzen Wortschatz auszupacken, der gar nicht ausreicht, um diesen komplizierten Vorgang so einigermaßen zu beschreiben.