Atempausen hielten mit dem Mundgeruch Zwiegespräche…

Liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer am
Jodelkurs in der Nechnitz!

Als dann die Jodler verklangen, waren der beruhigende Dauerton F und das Sprudelgeräusch aus der Spülmaschine hinter der Ausschank zu vernehmen und in der Küche legten sich tellergroße Deckel auf die hohlen Töpfe. Draußen senkte sich die Nacht über die locker platzierten Kuhfladen und die Dunkelheit nahm dem Stacheldrahtzaun das Bedrohliche.

Ganz oben aber zeigten sich die Sterne

…obwohl sie gar nicht jodeln können. Nichts erinnerte noch an die Töne und Obertöne, an den freigelegten Zahnschmelz und die angesammelten Lachfalten. Da und dort tummelten sich Atempausen und hielten mit dem Mundgeruch Zwiegespräche.

Wo waren sie also hingekommen, die Melodien und die Holla rei tulijos, die sich aneinander reibende Zweistimmigkeit und die jubilierende Überstimme, die waghalsig durch den Klettersteig der Tonleiter führte?

Die Antwort ist ein Leichtes:

Sie leben in Euch weiter, im Beuschel, in den Muskeln und Knorpeln, in Hosenträgern, Gürtelschnallen und Handtaschen – dort wo die Jodelbücher sich grün, rot und blaulachen. Die eben erst ernannten Gebietsjodelvertreterinnen und –vertreter – die zertifizierten – haben die Jodler im Gepäck. Mitsamt dem Pathos, den hervortretenden Augäpfeln, den ausladenden Armbewegungen, die andere Menschen so reich machen können.

Register zwischen Brust- und Kopfstimme ziehen

Das ist ein schönes Gefühl für uns, ob nun ganz Mödling oder ganz Peru in den jodelnden Klangrausch tauchen. Euch Gezeichneten und Ausgezeichneten sei zugerufen: Macht Euch Eure Stimme zum Untertan, entlockt ihr täglich Vibrationen, baut Luftsäulen auf und zieht alle Register zwischen Brust- und Kopfstimme, nehmt keine Rücksicht auf Hausmilben, Zierfische und Wanzen, die beim Anhören von Jodlern erfahrungsgemäß zu tanzen beginnen. Und: Deaktiviert Eure Hausglocke, denn alle Nachbarn wollen Euch – ungebeten – zu Hilfe eilen.

Habt Dank für die stundenlange Disziplin

…für Euren Eifer und das Interesse an den kleinen Nebensächlichkeiten, die im Schoße des Wichtigen stets gut geschaukelt gehören. Es war schön, Euch kennen gelernt zu haben bei der Ankunft im Nebelmeer und dann bei Sonnenschein, beim Genuss der Musik der Toberer Sängerinnen und Sänger, bei den kleinen Tänzen mit dem Musikanten Luis Martinelli und der ausgeprägten Gastlichkeit des Hauses Haider-Harrer.

Lungenflügel, wie aufgeblähte Luftmatratzen

Beachtlich war Eure jodelnde Leistungssteigerung mit zu erleben, wie sich die Stimmbänder schön langsam zu kompakten Abschleppgurten entwickelt haben, sich das Mahlgeräusch der Kiefergelenke von Stunde zu Stunde zu feinstem Schmiergelflüstern reduzierte und die Lungenflügel letztlich die satte Form von fetten Luftmatratzen angenommen haben. Kompliment zum erlernten Repertoire, dem Jodler mit dem SparEi und der Cholesterinspiegel- Überstimme, dem Übersiedelungsjodler mitsamt seinen Kistn und Kostn, dem Hol das Ei – Jodler und dem Jodler wo das Reh hopst – dem Hops hodare, nebst dem Bauernjodler, dem Passailer und vielen anderen.

Die Lust, selbst Milch zu geben

Besonderer Dank gilt dem Matthias, der uns die Klänge aus dem Westen Österreichs mitbrachte, dort wo der Käse und dessen ausgeprägter Geruch zu besonderen tonalen Ergebnissen führen, dass man augenblicklich Lust bekommt, selbst Milch zu geben.

Nein, ich möchte in dieser Nachbetrachtung nicht zu sehr ins Detail gehen und deshalb grüße ich Euch alle – ohne nähere Adressangabe und Hausnummer in Frohnleiten, Graz, Wien, Neunkirchen, Bruck an der Mur, Pischelsdorf, Mödling, Peru-Wien, Sinabelkirchen, Linz, Weiz, Naas, Laufnitzdorf und Thörl. Bis bald einmal beim Jodeln…


Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern unserer Jodelkurse und Musikwochen werden im Nachhinein nicht nur Liedertexte und Noten zugesandt, sondern auch ein brieflicher Gruß als Resümee „nach getaner Tat“; Hier ein Brief nach einem Jodelkurs auf der Nechnitz, 2015; Grundsätzlich sind alle hier veröffentlichten Inhalte urheberrechtlich geschützt und sämtliche Rechte vorbehalten.