Guten Moroäigen Frau Mayholatier!

Liebe, verehrte Teilnehmerinnen und Teilnehmer am
Jodelkurs auf der Nechnitz!

Und jetzt seid Ihr alle miteinander zertifiziert, qualifiziert und infiziert. Die Töne hängen noch im Mundwinkel, die Vokale aber schwindeln sich in die Alltagssprache, etwa so: Guten Moroäigen, Frau Mayholatier.

Das war nicht vorhersehbar und es war Euch zu Anfang auch anzusehen – die Skepsis vor dem Wagnis. Doch schon bald sind wir im Überschlag aneinander geraten im Zweikampf der Stimmigkeit, haben Höhen und Tiefen ausgelotet und uns gegenseitig angezwirbelt.

Schön war der Tag mit Euch dort oben

…auf der Nechnitz, einem der schönen Landstriche im steirischen Aufundab. Dem Himmel und der Ewigkeit nahe und dennoch an den gegenwärtigen Wurzelstöcken geschmiegt, wo noch dazu die almerische Kulinarik alle Stückln spielt.

Draußen in der Küche wurden die Kostbarkeiten geschnitten, geklopft, paniert, blanchiert und angerichtet, während wir einen Jodler nach dem anderen für die vielen Kehlköpfe eingerichtet haben. Ja, die Küche: Jetzt noch tut es einem leid, dass der Augenblick des genussvollen Verweilens der Köstlichkeiten an den Geschmacksnerven nicht hinausgezögert werden konnte.

Nun aber zum Jodlermenü

Da war der Hops Hoda rei ri mit dem angefügten Pascher, der Euch so gut gefallen hat, nebst dem Passailer, dem Dirndljodler und dem Irdninger. Mein Gott, die Fülle der Tonfolgen und Vokale nahm kein Ende, denn der Stoa Ennser forderte Euch heraus und ebenso der Ho Juchee, dessen leicht vorgezogener Beginn der Wiederholung, dem Aufheulen einer abrauschenden Kawasaki gleichkommt. Nicht zu vergessen sei jener Jodler – der Drei Ho – dessen Gegenstimme fröhlich tratschender Weiblichkeit ähnelt, während die tiefe männliche Hauptstimme dem maskulinen Liegestuhldasein frönt. Ja, es wären noch einige schwere Fälle von stimmlicher Akrobatik aufzuzählen, ich verweise aber auf die Zusendung der Noten im beiliegenden Datenrucksack.

Großes Opfer für ein paar Jodler

Lasst Euch noch einmal danken für Euer Interesse und für die teilweise unglaublich strapaziöse Anreise. Ja, der Vater samt den Töchtern reiste 1000 Kilometer an, um sich dem Jodler zu opfern. Immerhin wird die Rückreise nach Deutschland kurzweiliger, denn da wird schon dreispurig gejodelt….

Danke auch für Eure Geduld mit uns und für den aufrichtigen Glauben an all das, was ich als Nebengeräusch von mir gebe. Es ist schön zu wissen, dass der Kern der Botschaft dennoch ankommt. Es war schön, auch deshalb, weil es nicht nur zum Austausch von schnöden Höflichkeiten gekommen ist, sondern zu einem Du auf Du in herzlicher Wertschätzung. Und es war auch ein besonders schöner Tag, weil die Gastlichkeit wieder ihr bewährtes Festival abhielt.

Im Verklingen zur Wohltat werden

Wenn man gut aufgehoben ist, dann sind Hürden leichter genommen, ist der Alltag schneller in der Garderobe abgelegt, sind kurze Augenblicke länger als sonst bemessen und die innere Klangwelt stülpt sich mit einem ganz simplen Häi hoi nach außen. Da draußen wird sie hörbar und verwandelt sich mitten im Verklingen in eine Wohltat.

Lasst nicht locker, erobert Eure Stimme, gebt ihr Nachdruck und nehmt Euer Zertifikat als Reisedokument, denn wir fahren gemeinsam in die Klangwelt…


Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern unserer Jodelkurse und Musikwochen werden im Nachhinein nicht nur Liedertexte und Noten zugesandt, sondern auch ein brieflicher Gruß als Resümee „nach getaner Tat“; Hier ein Brief nach einem Jodelkurs auf der Nechnitz, 2016; Grundsätzlich sind alle hier veröffentlichten Inhalte urheberrechtlich geschützt und sämtliche Rechte vorbehalten.