Ignaz Sampl – ein Mariazeller Sammler

Als Ignaz Sampl am 27.10.1864 als drittes Kind des Ehepaares Ignaz und Josefa (geb. Hirschvogl) Sampl in Gußwerk bei Mariazell geboren wurde, beendete der „Frieden von Wien“ den deutsch-dänischen Krieg. Österreich kämpfte damals gemeinsam mit Preußen gegen Dänemark. Zur selben Zeit hat man in Oberkindberg den Schneiderlehrling und später bedeutenden steirischen Dichter Peter K. Rosegger nach „Volksliedern“ befragt. ¹ Die Grazer „Tagespost lädt Rosegger ein, Schriften zu übersenden. Im gleichen Jahr 1864 erstellte der Begründer des Salzburger Museums „Carolino Augusteum“ – Maria Vinzenz Süß – die erste Sammlung „Salzburger Volkslieder“. ² Zehn Jahre zuvor, 1854, hatte der „Historische Verein für Steiermark“ zur „Sammlung von Volkslieder, Weisen und Sagen, von Sprichwörtern abergläubischen Meinungen und Vorurteilen aus dem Volksleben nach allem Zweigen und Beschäftigungen, zum Beispiel der Feldbauern, Hirten, Jäger, Berg- und Hüttenarbeiter“ aufgerufen. ³  Ignaz Sampl wurde nicht nur in eine Landschaft hineingeboren, die eine starke musikalische Tradition aufzuweisen hatte, sondern auch in eine Zeit der Entdeckung und Beachtung historischer Zeugnisse. Auch die verhältnismäßig junge Volksliedforschung erstellte in vielen damaligen Kronländern – aber besonders in der Steiermark – die ersten großen Sammlungen.“

Die Zeit der Veränderungen

Die industrielle Revolution – seit dem Ende des 18. Jahrhundert von England ausgehend – prägte das Gesicht der nunmehr „modernen“ Welt und erreichte die Steiermark später als die westlichen europäischen Länder. Einen wichtigen Faktor und Indikator bei der Industrialisierung stellte der Bau der Eisenbahnen dar. Holzkohle diente lange zur Feuerung der Lokomotiven und Hochöfen. Um den ungeheuren Holzbedarf zu decken, ging man mancherorts daran, Bauerngüter aufzukaufen, die Felder aufzuforsten. Viele Bauernhäuser verfielen. Peter Rosegger, der dieses Bauernsterben miterlebte, wurde dadurch zu seinem Roman „Jakob der Letzte“ angeregt. Dem ungeheuren Aufschwung der Industriellen Erzeugungsstätten folgten – nach dem Börsenkrach von 1873 – Konzentrationsbestrebungen, wie die Gründung der „Alpine Montangesellschaft“, die wiederum zur Stilllegung kleinerer ungünstig gelegener Werke wie etwa auch Gußwerk, Neuburg und Vordernberg führten. ⁵  In diese Zusammenhänge des ersten industriellen Aufschwunges und der nachfolgenden Auflösung von Produktionsstätten muss man auch das Sammeln von musikalischen und handwerklichen Fertigkeiten der Landbevölkerung stellen. Beständiges geriet aus den Fugen. Traditionen, die früher einfach den Nachfolgern weitergegeben wurden, waren bedroht und weckten das Interesse jener Menschen, die vom Bildungsstand, ihrer bürgerlichen Position oder von ihrem Lehrerberuf her den Zusammenhang von Arbeitssituation und kultureller Identität erkannten. Ein ähnliches Phänomen des Zusammenhanges zwischen veränderter Arbeitswelt und kulturellem Verlust ist in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu bemerken. Das war jene Zeit, in der das Sterben alter Handwerksberufe mit dem Ende der ländlich orientierten Musikantenzunft einherging.

Das Mariazellerland – seine Heimat ⁶

Seit 1122 bildet das Gebiet um Mariazell die Nordgrenze der Steiermark. Mit dem Begriff „Mariazellerland“, dem Übertitel aller touristischen Absichten, verbindet man mehrere Besonderheiten dieses Landstrichs:

Der Wallfahrtsort Mariazell: Die Legende erzählt, dass der Benediktinermönch Magnus auf Geheiß des Abtes Otker von St. Lambrecht zu den Menschen am Ötscher kam, um seelsorgliche Aufgaben zu erfüllen. Er brauchte eine aus Lindenholz geschnitzte Marienstatue mit. Beim so genannten Ursprungfelsen konnte er nicht mehr weiter, weil ihm der große Steinbock den Weg versperrte. Der Mönch stellte die Statue auf den Felsen, worauf sich ein Spalt auftat und den Weg freigab. Diesen Felsen nennt man auch heute noch den „gespaltenen Stein“. Die Statue blieb so lange stehen, bis Magnus die Stelle fand, wo er eine Zelle mit einer Kapelle errichtete. Somit war die „Cella Mariae“ von ihrer Gründung im Jahre 1157 an der weltliche und religiöse Mittelpunkt des Klostergebietes und wurde später zur berühmten Pilgerstätte Europas.

Die Bergwelt und Mariazell: Die Abgeschiedenheit einer Landschaft, die an Wasser, Wald, Wild und bizarren Gipfeln reich ist, bietet bis heute reiche Erlebnis- und Lebensqualität. Zwischen West- und Südbahn gelegen erfüllt das Mariazellerland – vom großen Verkehrsstrom abgeschnitten – eine Inselrolle im heute hektisch gewordenen Zeitgefüge. Freilich sind Wege erschlossen und Passübergänge inzwischen leicht überwindbar. Die Verkehrswege sind aber gegenüber anderen mit Autobahnen erreichbaren Gebieten geradezu angetan, den unsteten Lebensrhythmus zu korrigieren, sich mit Land und Leuten einzulassen, mehr Zeit haben zu müssen, als man eingeplant hatte. Die hochalpinen Landschaftsbilder und Naturwunder sind vielfältig: Die Hochschwabgruppe, der Ötscher, der Erlaufsee sowie unzählige Wander- und Kletterziele.

Die Mariazellerbahn: Die auf Spurweite von 760 mm fahrende Bahn gehört zu den schönsten Bahnlinien Österreichs. Diese Hochgebirgsbahn – übrigens die erste Bahnlinie Österreichs, die elektrisch betrieben wurde – erlangte wegen der kunstvollen Streckenführung durch eine besonders prachtvolle Landschaft Weltruhm. Bereits 1871 projektiert und in Teilbereichen nach und nach realisiert, konnte im Jahre 1907 die Mariazellerbahn bis einschließlich Gußwerk eröffnet werden. Diese verkehrstechnische Erschließung stellt auch heute noch eine imposante Leistung dar, obwohl die erhoffte Rentabilität durch den ab 1930 einsetzenden Siegeszug des Automobils nicht eintrat.

Das Wissen um die historische Entwicklung bis zur jetzt erlebbaren Qualität des Lebensraumes Mariazellerland ist notwendig, um einen besonderen Zugang zu Ignaz Sampls Leben und Wirken zu öffnen.

Sein Lebenslauf ⁷

Ignaz Sampl, geboren in Gußwerk am 27.10.1864, gestorben in Mariazell am 26.4.1952, erlernte bei seinem Vater Ignaz Sampl, Uhrmachermeister in Rasing bei Mariazell, das Uhrmacherhandwerk gleich seinen Brüdern Johann, der in Rasing verblieb, und Karl, der sich in Wels selbständig machte. Ignaz diente in den Jahren 1884 bis 1887 aktiv bei der Festungsartillerie in Trient und ging als Feuerwerker „in Urlaub“. Damals standen in der dortigen Festung „San Rocco“ noch Gußwerker Kanonen in Verwendung. Nach seiner Militärdienstleistung kehrte er in den elterlichen Betrieb zurück, um im Jahre 1890 das Geschäft seines Bruders Karl in der Wienerstraße in Mariazell zu übernehmen. Im Jahre 1896 heiratete er Seraphine Lang aus einer alten Mariazeller Familie, deren Großvater aus Bayern (Obernzell) im Jahre 1830 eingewandert war. Dieser Ehe entstammten fünf Kinder (Oscar, Ella, Hermine, Karl, Josef). In der Schießstattgasse Nr. 6 baute er sich ein eigenes Wohnhaus. Sein Geschäft in der Wienerstraße führte Ignaz Sampl bis zum Jahr 1941. Er war weit und breit bei Einheimischen wie bei Fremden als ehrsamer Uhrmacher und Juwelier bekannt. Die Jahre von 1900 bis 1914 brachten ihm guten geschäftlichen Erfolg, wobei ihm seine Frau treu zur Seite stand. Bereits im Jahre 1902 huldigte man in Mariazell dem Wintersport, wobei Ignaz zu den Pionieren zählte. Anfangs als Schiläufer, in den späteren Jahren als guter Rodler, brachte ihm dieser Sport manchen 1. Preis. Als guter Sänger und Volksliedforscher bewahrte er der Nachwelt Lieder und Jodler. Auch alte Trachten hatte er im Laufe der Jahre gesammelt. Dies füllten drei große Kisten, die bei Kriegsschluss 1945 leider restlos geplündert wurden. Viele Jahre war er als waidgerechter Jäger bekannt. Noch mit 80 Jahren erlegte er einen Rehbock. Als Eisschütze – nach gutem alten Brauch – ging es im Winter auf der Eisbahn hoch her. Einigen alten Mariazellern sind die „Trachteneisschießen“ noch in bester Erinnerung. Die Hüte der Teilnehmer waren meist größer als die Eisstöcke.

Ignaz Sampl zog sich 1941 in sein Haus zurück, wo er weiter das Uhrmacherhandwerk ausübte. Dies wurde notwendig, da sein ältester Sohn Oscar im Jahre 1931 am Mariazeller Hauptlatz selbst ein Uhrmacher- und Juweliergeschäft gegründet hatte. Im Jahre 1945 starb nach langem, schweren Leiden seine Gattin im Alter von 72 Jahren. Er selbst schloss am 26.4.1952 im 88. Lebensjahr die Augen.

Die Vorfahren von Ignaz Sampl

Sein Vater: Ignaz, geb. 30.7.1830 in Gußwerk, zuerst Gussmeister im Gußwerker k&k Eisenwerk, dann Uhrmachermeister in Rasing; Sein Großvater: Simon, geb. 22.10.1784 in Aschbach, Zimmermann und Bauer auf dem heute noch bekannten Samplgut in Aschbach. Ín den Landkarten findet man noch den Samplgraben;
dessen Vater: Simon, geb. 12.10.1743 in Aschbach, Bauernknecht, später Bauer in Aschbach; dessen Vater: Veith, geb. 1712 in Aschbach; Ein Dietwien Sampl in Gußwerk-Aschbach wird bereits im Jahre 1395 in den Urbaren des Stiftes St. Lambrecht (Nr. 22 Seite 199) als Zehentbauer genannt.

Ein vielseitiger Mann

In der Zusammenschau seiner vielen Interessen und Fähigkeiten können wir ein Gesamtbild der Persönlichkeit entwerfen. Sampl, dessen schulischer Bildungsweg uns nicht bekannt ist, hat es im beruflichen Bereich zu einem weitum begehrten Handwerker gebracht. Das Kanonenbohrwerk Gußwerk beschäftigte damals auch Italiener aus dem Triester Raum und so kam es, dass Sampls Uhren bis nach Triest geliefert wurden. Sein Kundenstock reichte auch nach Ungarn und Böhmen und selbst als er schon im Ruhestand war, suchten ihn seine langjährigen Kunden auf. „Nein, wir wollen zum alten Sampl“, hat es oftmals geheißen, schließlich sprach der alte Herr italienisch und ungarisch und konnte sich so mit seinen Kunden bestens verständigen. Als kompetenter Fachmann hat er um eine damals ungeheuerliche Summe eine astronomische Präzisionsuhr angekauft, um seinen Kunden die exakte Zeit mitteilen zu können. Sampl war an der neuen Mariazellerbahn ebenso interessiert wie später an der beginnenden Motorisierung. Gerne war er in seinen alten Tagen seines Sohnes Beifahrer auf einem der ersten Motorräder. Auffallend war auch sein Interesse am Wintersport. Er gehörte zu den ersten Schifahrern, Schispringern und Rodlern der damaligen Zeit. Sein Einsatz für jede Neuerung hat sich auf alle wirtschaftlichen und kulturellen Bereiche ausgewirkt. So war er Mitbegründer der „Sparkasse Mariazell“ und des farbenreichen „Narzissenkorso“; führend tätig war er bei der Volkstanzgruppe, bei den Eisschützen, dem Turnverein, beim Schützenverein, bei der Mariazeller Liedertafel und bei Gerbirgsverein „Die Voisthaler“. Der Pfeifenraucher baute sich den benötigten Tabak im Garten selbst an, trocknete ihn und schnitt die Blätter dann mit einem Fotomesser zur brauchbaren Größe. Als leidenschaftlicher Jäger war er oft tagelang unterwegs. Dabei kam es häufig zu Begegnungen mit Holzknechten und Kleinhäuslern in abgelegenen Gegenden. Damit verbunden war jene Geselligkeit, in der das Singen und Musizieren den Hauptteil des Zusammenseins beanspruchte.

Sein volkskundliches Interesse

Die zur Verfügung stehenden Dokumente weisen ihn als Sammler und Heimatforscher aus und seine Formulierungen in der vorhandenen Briefen zeugen von genossener Bildung, was Sprache und Handschrift betrifft. Die Verbindung von seinem handwerklichen Selbstverständnis zum kulturellen Interesse ist nicht geklärt. Fest steht aber, dass er zu einem Mitdenker der jungen Volksliedforschung wurde, selbst Überlegungen anstellte und bei seiner Sammeltätigkeit auch von Variantenbildung spricht. Seine Tätigkeit ist daher nicht vergleichbar mit anderen Volksliedsammlern wie etwa Viktor Jabornik ⁸  und Johann Gollob ⁹, die als Lehrer in der Heimatforschung tätig wurden und die Aufsammlung musikalischer Phänomene von ihrer Postion als Gebildete betrachteten. Damit werden Unterschiede in der Lebens- und Denkweise der Gebildeten im Gegensatz zum Landvolk und zu den Arbeitern bis hin zu den Bürgerlichen, denen Ignaz Sampl zuzurechnen ist, deutlich.

Es ist zu vermuten, dass Ignaz Sampl durch die Aufrufe Josef Pommers (1845-1918) in den Landzeitungen Kontakt zur Liedforschung aufnahm und dadurch auch zum interessierten Sammler in allen Bereichen der musischen Volkskultur wurde. Als Mitglied des Gebirgsvereins „Voisthaler“ dürfte er den Kontakt zur Wiener Bildungsschicht vertieft haben, denn ein berühmter „Voisthaler“ war auch Georg Kotek (1889–1977), der Vorstand des „Deutschen Volksgesang-Vereins in Wien“ und damals auch Obmann der Voisthaler, die auch die „Voisthaler-Hütte“ auf dem Hochschwab errichteten. Sampls Musikalität drückte sich in seiner Begeisterung für das Singen und Tanzen aus und zeigte sich auch durch sein besonderes Geschick in der Liedaufzeichnung. Die Enkelin Ilse Wagner, – der ich für die zahlreichen Hinweise Dankbarkeit schulde –  erinnert sich, dass er bei beim Notenschreiben immer gesungen hat. Im Hause gab es zwar eine Zither, doch ist nicht bekannt, ob Großvater Sampl jemals auf ihr gespielt hat. Über den Erwerb seiner musikalischen Kenntnisse ist nichts überliefert. Die auf bürgerliche Kultur achtende Familie hat die Interessen des alten Sampl an den volksmäßigen Gepflogenheit eher nicht geschätzt, sie wurden kaum beachtet, weshalb sie sein Leben aus der Distanz beschrieben hat.

Sein Kontakt zu Volksliedsammlern

Ignaz Sampl hatte zwischen 1900 und 1930 engste Verbindung mit den führenden Volksmusikforschern dieser Zeit: Josef Pommer (1845–1918), Raimund Zoder (1882–1963), Georg Kotek (1989–1977) und Karl Liebleitner (1858–1942). Auch mit dem damals bedeutendsten steirischen Volkskundler Viktor von Geramb (1884–1958) war Ignaz Sampl fachlich verbunden. Dem Aufruf Josef Pommers aus dem Jahre 1902 bzw. 1903 folgend, übersandte er dem „Steirischen Arbeitsausschuss des Österreichischen Volksliedunternehmens“ mehrere handschriftliche Sammlungen von Tänzen. ¹⁰  Sampls gute Beziehungen zu Josef Pommer werden auch durch seine Einsendungen an die Redaktion der Zeitschrift „Das deutsche Volkslied“ unterstrichen, aus denen die damaligen Schriftleiter Josef Pommer, Hans Fraungruber und Karl Kronfuß Einiges für den Druck auswählten. ¹¹

Wie sehr in Wiener Forschungskreisen – insbesondere vom bedeutenden Liedersammler Karl Liebleitner – die Kenntnisse von Ignaz Sampl geschätzt wurden, geht aus den noch erhaltenen Briefen hervor. Georg Kotek war übrigens häufig Gast im Hause Sampl und dabei kam es auch zu gemeinsamen Forschungsfahrten im Mariazeller Gebiet. Im Dorf Frein, am Mürzursprung an der steirisch-niederösterreichischen Grenze, waren Sampl und Kotek oft auf Sammelfahrt, weil es dort eine besonders kräftig blühende Singtradition gab. Karl Magnus Klier (1882–1966), der damals schon seine Materialsammlung zu den Volksmusikinstrumenten anlegte ¹² erbat sich von Sampl die Abbildung vom vermutlich letzten Drehleierspieler Ignaz Pfandl vulgo Nazbauer, dessen Instrument über Sampl in den Besitz Georg Koteks kam.

Pommers Aufruf des Jahres 1902 „Sammelt steirische Tanzweisen!“ folgte Ignaz Sampl schon 1903 mit der ersten Einsendung von 216 Steirischen. Auszugsweise sei hier ein Brief von Ignaz Sampl an Josef Pommer zitiert. Sampl gibt ergänzende Erläuterungen zu der gerade gefundenen Sammlung steirischer Tänze der Musikerfamilie Sobek. Das Konvolut von Notenvorlagen gehört heute zu den wertvollsten Zeugnissen der Volksmusik im Mariazellerland. Gleichzeitig gibt der Brief Aufschluss darüber, unter welchen Umständen damals eine Forschungsfahrt stattgefunden hat.

Ignaz Sampl an Josef Pommer:

Euer Wohlgeboren!

Bestätige den Empfang der Karte vom 20. d. M., das kleine Langheft ist auch von Sobek und meines Erachtens für Klarinette geschrieben. Ich habe Noten von Ignaz Sobek, der sie wieder zum Teil von seinem Vater und Vatersbruder hatte. Die Besetzung war: 1–2 Geigen (wie es den Leuten eben passte) und 1 Bassgeige. Alles weitere glaube ich berichtet zu haben.

Was Ihre weitere Frage, „ob im Herbst ein Besuch Ihrerseits in Mariazell möglich wäre“, antworte ich „warum nicht“ jederzeit willkommen. Wohnung bei mir, zu essen bekommt man auch hier, leider wie ja überall ziemlich teuer. Nur auf Liederausbeute ist wenig Aussicht, nach Frein wo etwas zu finden wäre sind 3 Wegstunden, Wagen ist jetzt keiner zu bekommen. Zu Fuß dorthin wird Ihnen doch zu viel sein? Aber sie könnten ja so ein paar Tage hier verbringen, zudem die Landschaft schön, ebenso die elektrische Bahn sehr schön und sehenswert ist. (..) Bitte mir jedoch früh genug zu schreiben, wann Sie zu kommen gedenken, auch damit ich ob des Wetters berichten kann. Ihr ergebenster I. Sampl

Mariazell, 28. August 1918

Für Josef Pommer war Ignaz Sampl ein verlässlicher Kenner und Lieferant für die traditionelle Tanzmusik, deren Hauptgattung durch den „Steirischen“ repräsentiert wurde. Seit den „Statistischen Erhebungen Erzherzog Johanns“ (1810–1840) wird dieser Tanz als „Nationaltanz der Obersteyermärker“ bezeichnet. ¹³

Abbildung Notenbeispiel:

Nr. 25 bis 30 von „33 Steyrische in C“ des Anton Sobek in Gusswerk 1844. StVLA- Sammlung J.Pommer Nr. 56; siehe auch Deutsch, Walter und Annemarie Gschwandtler: Steyerische Tänze = Corpus Musicae Popularis Austriacae 2, Wien 1994, S 186-194.

Eingabe ist noch nicht vervollständigt: Foto/ Notenbeispiel/ Sammelliste

Auf der Spurensuche zu Ignaz Sampls Leben und Wirken stand ich auch vor seinem stattlichen Haus, das er sich vor vielen Jahrzehnten erbauen ließ. Wie mag er von dieser Anhöhe aus sein Mariazell betrachtet haben? Für uns klingt sein Lebenszeitraum (1864–1952) schon als besonderer Rückgriff in die Vergangenheit. Ignaz Sampl hat sich einen Namen gemacht, weil er – mehr als andere – der Gegenwart seine ganze Aufmerksamkeit geschenkt hat. Neben seinem Beruf waren für ihn viele Bereiche des Volkslebens von Interesse. Wir verdanken ihm den besonderen Einblick in die Lebens- und Melodienwelt seiner Zeit. Seiner Enkelin, Frau Ilse Wagner in Mariazell ist für die Mithilfe zu danken. Im Telefongespräch meinte sie zwar, dass sie vom Großvater nicht allzu viel wisse sie hat ihn als kleines Mädchen gekannt und lange Jahre der Familiengeschichte keine besondere Beachtung geschenkt. Nun – in der Küche sitzen wir uns gegenüber und ich kann den Bleistift nicht so schnell zücken, um den erzählten Erinnerungen der Enkelin zu folgen. Bruder Oskar Sampl hilft mit einigen Details nach, und so steht Ignaz, der Großvater, unmittelbar im Mittelpunkt dieser Stunde.

Was er hinterlassen hat und in der Begegnung mit anderen Forschern bewirkte, ist auch nachträglich bedeutsam genug, um es hier auszugsweise zu dokumentieren.


  1. Vgl. Pommer, Josef: Über das älplerische Volkslied, und wie man es findet. In: Das deutsche Volkslied, 9. Jg. , Wien 1907, S. 154
  2. Bgl. Prodinger, Friederike: Maria Vinzenz Süß. In: Sänger- und Muskantenzeitung, 14. Jg. , München 1972, S. 4–9
  3. Zitiert in : Suppan, Wolfgang: Das Steiriche Volkslied des 19. Jahrhundert im Spiegel seiner Forscher, Sammler und Pflege. In: Jahrbuch des Österreichischen Volksliedwerkes 19. Wien 1970, S. 81
  4. Vgl. ebd. S. 75–95.
  5. Vgl. Dienes, Gerhard M.: Die Industrialisierung der Steiermark. In: Zitzenbacher, W.: Landes Chronik Steiermark. Graz 1988.
  6. Zitiert aus: Kellners Bilderführer „Mariazell und Umgebung“ , o.J.Weitere Literatur: Rodler, P.Gerhard: Geschichte und Beschreibung der Basilika Mariazell, 1910 im Selbstverlage. Felsinger, Horst: die Mariazellerbahnen, 2. Auflage, Wien 1979
  7. Die Familiengeschichte wurde mir von der Enkelin Ignaz Sampls, Frau Ilse Wagner, Mariazell, zur Verfügung gestellt.
  8. Suppan, Wolfgang: Steirisches Musiklexikon. Graz 1962–1966, S.258f.
  9. Johann Gollob, 1850–1923, Lehrer in Knittelfeld und Graz.
  10. In der Originalfassung dieses Beitrages (Jahrbuch des Österreichischen Volksliedwerkes, Band 46,1997) befindet sich ein Verzeichnis aller Einsendungen (Anhang)
  11. Das deutsche Volkslied, Jg. 13/1911, 14/1912, 15/1913, 23/1921, 29/1927 und 36/1934.
  12. Klier, Karl Magnus: Die volkstümlichen Musikinstrumente in den Alpen. Kassel 1956, Abb. 42. Beitl, Klaus und Franz Grieshofer (Hg.): Sonderausstellung Volksmusikinstrumente. Neuerwerb der Sammlung Georg Kotek, Katalog (Österreichisches Museum für Volkskunde). Wien 1979, S. 45/46, Nr. 13.
  13. Vgl. Deutsch, Walter und Annemarie Gwschantler: Steyerische Tänze (=Corpus musicae popularis austriacae 2) Wien 1994, S. 26ff.

Dieser Beitrag – mit dem Verzeichnis aller im Steirischen Volksliedarchiv vorhandenen Belege aus Sampls Einsendungen – ist erstmals im „Jahrbuch des Österreichischen Volksliedwerkes“ Band 46, Seite 12-34, 1997 erscheinen. Hier ist er nur auszugsweise wiedergegeben. Grundsätzlich sind alle hier veröffentlichten Inhalte urheberrechtlich geschützt und sämtliche Rechte vorbehalten.