Worthülsen tragen keine Früchte

Der Hintergrund eines außergewöhnlichen Erfolgs

Eigentlich war Der Vierzeiler der Vorreiter für eine ganze Palette von bunten Blättern, die sich heute mit Brauchtum, Bergwelt, Handwerk, Heimat, Trachtenkult und regionale Kulinarik beschäftigen.

Damals, Anfang der Achtziger wurde es als äußerst rückständig angesehen, das Eigene zu preisen und seien es nur die eigenen Töne. Das änderte sich ganz schnell mit dem 1995 vollzogenen Beitritt zur EU. Selbst die politische Kaste, die bislang schon gar nicht konservativ sein wollte, entdeckte den Wert regionaler Besonderheiten, nicht zuletzt der überlieferten Bräuche und der Volksmusik. Soviel zum Hintergrund des Aufbruchs und zur Flexibilität des Zeitgeistes – außerhalb des heimatlichen Fundamentalismus.

Die Zeitschrift als Botschafter

Wer eine Zeitschrift gründet, hat eine Botschaft zu verkünden und Der Vierzeiler hatte noch dazu eine Verkorkstheit zu überwinden, die einem ganzen Musikgenre zur Last gelegt wurde und bis heute wird. Der Umgang mit Überlieferung war also verhärtet und davon waren nicht etwa nur die alten Volksmusiker und Brauchtumspfleger betroffen, sondern auch Musikerzieher, Volkskundler bis hin zu Kulturbeamten. Die verschiedenen Sichtweisen zu Wort kommen zu lassen, wäre zu wenig gewesen. Der Vierzeiler bot aber das Forum, um enges Denken mit den großen Zusammenhängen zu verknüpfen. Dabei haben wir vermieden, dem Fachsimpeln zu viel Raum zu geben, weil die Zeitschrift von Anfang an nie für etablierte Volksmusikfreunde konzipiert war, sondern als Aufklärer für eine von uns selbst definierte Zielgruppe von 100%.

Niemals im eigenen Saft köcheln

Dabei bedarf es der größeren Gedanken, des Spiels mit den Gegensätzen und niemals des Köchelns im eigenen Saft. Freilich – der Anfang war mühselig und dennoch hat sich der schrittweise Weg zur etablierten und allseits beliebten Zeitschrift gelohnt. Ein paar Regeln haben wir dem Vierzeiler auf den Leib geschrieben:

• Vernachlässigung des nachträglichen Breittretens von Erfolgen, etwa von eigenen Veranstaltungen. Dafür aber gezielte Vorbereitung auf Künftiges.

• Den wertvollen Platz nie mit Füllern besetzen. Lieber mit guten Bildern überzeugen, als mit Worthülsen langweilen.

• Einen starken Draht zwischen Textinhalt und Fotogestaltung ziehen und damit die Leserschaft fesseln und gewinnen. Die extra zum Thema gemachten Bilder war der Fingerzeig auf das Wesentliche.

Das war eine spannende redaktionelle Arbeit, die viel Herzblut abverlangte. Alleine die extra für die jeweilige Ausgabe gemachten Bilder führte zu einem Mehr an Beschäftigung mit dem Thema. Die Folge war ein allgemein tieferes Verständnis der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die ganze Bandbreite von kultureller Vielfalt.

Themenführerschaft weit über unser Land hinaus

Belohnt wurde dieser Einsatz mit einer steigenden Bezieherzahl und der Bezieherstruktur. Der Vierzeiler ermöglichte vielen Unbedarften, einen ersten Zugang zur Musiktradition, zu regionalen Besonderheiten und zur klingenden Welt außerhalb von Aufführungen im Stile früherer Heimatabende. „Volksmusik als Lebensmittel“ wurde zu einem unserer Slogans.

Keine Frage, dass unsere Zeitschrift von allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern getragen wurde, dass Der Vierzeiler nicht der Selbstdarstellung diente, sondern dass die Ankunft der Botschaft im Vordergrund stand. Der Vierzeiler war letztendlich auch die Transportschiene für alle herausragenden Projekte des Volksliedwerkes und zudem auch Themenführer im Verband der Volksliedwerke der Bundesländern und im benachbarten Bayern.

Schön, dass es den Vierzeiler immer noch gibt. Ich wünsche ihm viele weitere  Jahrzehnte. 


Beitrag zum 40-Jahr Jubiläum der Zeitschrift „Der Vierzeiler“, Steirisches Volksliedwerk. Gekürzt erschienen im Heft 4/2020, Seite 3-4; Lesen Sie auch: „Der Transport der Botschaft“, Beitrag zum 25 Jahr-Jubiläum des „Vierzeiler“; Grundsätzlich sind alle hier veröffentlichten Inhalte urheberrechtlich geschützt und sämtliche Rechte vorbehalten.