Sommernachtstraum mit den Citoller Tanzgeigern

In einer lauen Sommernacht wird da und dort gelacht, ein Motorroller zieht ein Glissando über die Stille und bevor sich die Geräusche in die Nacht verabschiedet sind dennoch Töne zu hören: Da werden zaghaft die Geigen gestimmt und im Pizzicato der Vorspann gezupft. Die Grillen, Bienen und Hummeln sind verwundert ob solch menschlicher Nachtmusik, sie verkrümeln sich ins Dunkel.

Die Citoller Tanzgeiger – aus dem Nachbargraben stammend – locken also in den vergnüglichen Abend und präsentieren sich als Hausmusik der nahen Seilerei. Was die Citoller aus der Erinnerung ausgegraben haben, ist dieses Mal weniger dem Tanzbein als dem Gemüt gewidmet. Der verklärte Sommernachtstraum also, ohne Gestampfe und Juchezer. Dennoch aber spielt der Ländler eine Rolle, als Referenz an jene Vorbilder denen die Citoller einst begegnet sind. Und natürlich ist es die Melodik der archaisch anmutenden Jodler und schmeichelnden Lieder, die der Einstimmung dienen. Wenn der Mond so schön scheint mit seinem silbernen Glanz, dann hat das verehrte Publikum die Gelegenheit, sich in traditionsreicher Poesie zu wiegen.

Programmfolge

Vals efter Hiasl
von Matthias Härtel (geb.1987)

Diese schmeichelnden Melodien hört man von weiten, sie sind ein Lockmittel der Citoller Tanzgeiger. Ja, das sind die richtigen Töne, um die anbrechende Nacht zu begrüßen und zugleich kann man dem gehetzten Puls des Tages eine kleine Erholung einräumen.

Wånn da Mond so schen scheint mit sein silbernen Glånz
Trad. / Aus der mündlichen Überlieferung

Ab dem Jahr 1856 belegt, verbreitet sich dieses Liebeslied in unzähligen Varianten im gesamten Alpenraum. Es erklingt am Fenster der Schönen und der Verehrer wirbt beinahe verzweifelt um ihre Gunst. Zu guter Letzt bringt er seine Aufrichtigkeit und sogar seinen Tod erpresserisch ins Spiel.

Steirische Tänze
Trad. / Aus handschriftlicher Überlieferung

Dem Typus Ländler angehörend, sind diese Steirertänze ein Merkmal österreichischer Volksmusik und bis heute im Gebrauch. So langsam und geschmeidig werden sie bis zum heutigen Tag zum Tanz aufgespielt. Die Citoller greifen dabei auf eine Handschrift aus der Sammlung des Rottenmanner Tanzmusikanten Cyprian Händler (1826- ?) zurück, der zum Auswendigspiel und zur stilistisch richtigen Interpretation betreffend schreibt: “….man brauchte meines Wissens die 2. Stimme niemals am Papier…die hat jeder Sekundgeiger selbst genau dazu finden müssen, zu jedem Tanz. Es muß alles walgerisch, nicht würgerisch gespielt werden…!“

Der Berigler Jodler
Trad. / Aus der mündlichen Überlieferung

Der Jodler ist ebenfalls ein typisches Merkmal österreichischer Volksmusik, er erlebt zurzeit eine Renaissance. Die kraftvolle Artikulation, der hörbare Registerwechsel und die „gegeneinand“ geführten Stimmen sind die Ingredienzien dieser vokalen Eruption. Der Name bezieht sich vermutlich auf „Berig“, so sagen die Obersteirer auch zum Berg oder auch den „Beriglern“, den Salzbergarbeitern in Altaussee. Der Berigler schwingt sich des Nachts von einer Alm zur anderen und wird von dort zurück gerufen…

Erinnerungen an den hohen Norden
Trad. / Aus der Reiseerinnerung nachgespielt

Anstatt der üblichen Souvenirs haben die Citoller Tanzgeiger viel lieber die musikalischen Eindrücke aus den bereisten Ländern mitgenommen. Diese schwermütige Melodienfolge erinnert an eine allzu helle Nacht im hohen Norden Skandinaviens. 

`n Våtan seina
Trad. / Jodler aus der mündlichen Überlieferung 

Ab dem Jahre 1870 ist dieser schöne Jodler in mehreren Gegenden der Steiermark in Varianten und mit unterschiedlichen Namen belegt. Die Citoller, haben ihn von Franz Zöhrer (1937-2012) aus Laufnitzdorf gelernt. Bevor also das allerletzte Hüttenlicht erlischt, wird noch dieser Jodler angestimmt, um die Gläser zu leeren und somit den langen Abend zu beschließen. Dann führt uns – bei sternenklarem Himmel – die steile Außentreppe ins Nachtlager.

Gestern auf die Nåcht
Trad. / Aus der mündlichen Überlieferung

Dieses Scherzlied ist im gesamten Alpenland in unterschiedlichen Singarten verbreitet, der Text bleibt ewiglich aktuell. Es erzählt von einem partnerschaftlichen Zerwürfnis und der darauffolgenden Versöhnung. Ja, so ist es im Leben: Die Zeitspanne zwischen Verärgerung und Versöhnung wird zumal unnötig in die Länge gezogen. Das Lied bietet sogar eine angenehme Problemlösung an…

Die steirischen Landlertänze
Trad. / Anderen Musikanten abgehört

Auch dieser Landler gehört dem Typus Ländler an und ist damit ein ebenso prägnantes Merkmal österreichischer Musiktradition. Der Tanz im 2/4 Takt entspringt einer Manier des ausgebremsten 3/4 Taktes, so meinen die Musikwissenschaftler. Bis heute spielen diese schönen Melodien eine Rolle als Tanzmusik mit vielen Figuren, mit dem rhythmischen Paschen und Gstanzlsingen.   

Die Vöglein schlåfen schon im Wåld, guate Nåcht
Trad. / Aus dem großen Repertoire der österreichischen Volksliedarchive übernommen.

Solche Töne und Worte begleiten uns ein ganzes Leben, weil sie als Gute-Nach-Ritual in Gemeinschaften als Abschluss des Abends eine emotionale Rolle spielten. Dieses Lied ist in der Sammlung Karl Liebleitner, Niederösterreich belegt. Das Prinzip des Vor- und Nachsingens ermöglicht einen schnellen Einstieg und plötzlich sind alle in den Bann gezogen. Manches Mal sind die Vöglein des Waldes sogar geneigt, mitzumachen.  


Begleitender Programmtext für die Veranstaltung „Sommernachtstraum“ im Freilichtmuseum Stübing; Styriarte, im Juli 2020; Grundsätzlich sind alle hier veröffentlichten Inhalte urheberrechtlich geschützt und sämtliche Rechte vorbehalten.