Wieviel Volkskultur braucht Tourismus – und andersrum?

Diese Fragestellungen sind nicht neu, haben aber keinesfalls an Aktualität verloren. Der Tourismusmarkt setzt heute mehr denn je auf das Authentische, verspricht Erdiges und Urwüchsigkeit, nachdem die Liftanlagen überall gleich dahin surren und die Sonnenschirme immer wieder des gleichen Sponsors Namen tragen.

Einzige Chance anders zu sein als andere ist durch die Menschen gewährleistet, deren Normalität mehr besticht als es die Tourismus-Prospekt –Layouter zu vermitteln vermögen. Der Mensch, also der Schattner Hias und die Lahnegger Loisl, sie werden zur Marke erhoben.

Lebensgrundlage oder Vorzeigekultur?

Die Volkskultur trägt nicht wenig dazu bei, dem vorgezeichneten Etikett vom regionalen Original zu entsprechen, denn Brauchtum und Alltag leben von der Reflexion durch die Öffentlichkeit. Musik, Tanz und Gesang sind also zuallererst Teil des emotionalen Lebens, sie sind aber auch die idealen Vorzeigeobjekte im Scheinwerferlicht – unter rhythmischem Beifall der Menge. Welche Schlüsse können wir daraus ziehen?

Die Lebensart der Menschen im Auge zu behalten, all ihre Künste als Lebensmittel zu sehen, weil sie zuallererst dem Selbstverständnis dienen, das ist ein Aspekt. Zugleich sind diese Lebenswelt und der Tourismus als Arbeitgeber oder auch das Saison bedingte Zusammenleben von Gast und Gastgeber ein Faktum, dem man sich nicht entziehen kann. Eigene Kultur kann sich – zwischen Badestrand, Altstadt und Bergbauernhof nicht nur versteckt abspielen.

Ein großes Thema – viele Sichtweisen

Dieser Gratwanderung zwischen Lebensalltag und Kultur als Teil eines Tourismus-Konzepts war zuletzt ein Symposion des Steirischen Volksliedwerkes in Bad Gleichenberg gewidmet. Neben den Grundsatzreferaten aus dem Bereich Tourismus und Volkskultur gab es weitere Referenten: Trendforscher Mag. Andreas Reiter, ORF-Mitarbeiter Reinhart Grundner, Markenberater Dr. Robert Trasser und Autor Alfred Komarek. Ausgangspunkt für das Engagement des Steirischen Volksliedwerkes war die Tatsache, dass derzeit die beiden Ressorts Tourismus und Volkskultur der Steiermark beim gleichen politischen Referenten angesiedelt sind. Da ergeben sich auch Fragestellungen der Handhabung von Förderungen und grundsätzliche Überlegungen einer verstärkten Zusammenarbeit.

Wer das Symposion im November 2007 versäumt hat, dem ist auch eine Reise durch die reizvolle Südoststeiermark entgangen, die sich nachholen lässt. Die interessanten Referate des Symposions sind aber nachzulesen. Die Ausgabe 4/2007 des „Vierzeiler“ Zeitschrift für Musik, Kultur und Volksleben widmet sich ganz diesem Thema, wobei sich gerade im Advent neue Fragestellungen hinzufügen: Wie viel Advent braucht die Familie – als Konsumenten im Einkaufszentrum oder als Lebensinhalt in der eigenen guten Stube?


Beitrag zu Volkskultur und Tourismus, ca. 2008; Grundsätzlich sind alle hier veröffentlichten Inhalte urheberrechtlich geschützt und sämtliche Rechte vorbehalten.