Die Weihnachtszeit der Aufführungen oder des Selberklingens?

Haben Sie schon einmal überlegt? Zu keiner Zeit haben unsere Volkslieder so große Bedeutung als zu Weihnachten – gleichgültig, ob sie nun tatsächlich als Volkslieder gelten oder nicht. Schließlich gehören sie zum weihnachtlichen Ritual und zählen deshalb zu unserem Liederschatz. Die vorweihnachtliche Zeit verlangt offensichtlich nach ganz bestimmten Tönen die uns in Stimmung und Schwingung versetzen, Weihnachten eben erst „ausmachen“.

Die Schnittstelle zwischen dem Fertigen und dem Unfertigen

Dieses Fest der Feste ist durchaus zurecht ein beliebtes musikalisches Thema und damit auch die Begegnungsstätte zwischen Kunst- und Volksmusik, zwischen Konzert- und Privatebene, damit ist auch die Schnittstelle zwischen dem Fertigen und dem Unfertigen gemeint. Nicht ganz sattelfeste Volksmusiker flüchten sich ja gerne in die Weihnachts-Aufführungszeit, denn mit der Einstudierung ist die Konzertebene bald einmal erobert, der Tanzboden eben noch lange nicht. Damit sei die Vielschichtigkeit des Musikmachens aufgezeigt, aber keinesfalls ein Urteil gesprochen. Auf dem Weg zum Kind in der Krippe begegnen uns eben ganz unterschiedliche Musikanten und Sänger, „dem Kindl zur Ehr`“, wie es so schön heißt.

Die alles überfrachtende Symbolik

Weihnachten ist aber auch mit bestimmten Bildern behaftet und diesen Klischees können wir uns nur schwer entziehen. So erscheint der Weihnachtsmann immer etwas unförmig – plump, mit langem ungepflegten Bart und rotem Filzmantel, der die behäbige Figur unterstreicht. Es ist einigermaßen rätselhaft, warum er uns gefällt. Ja, Weihnachten ist überfrachtet mit eindeutiger Symbolik und deshalb ist ein Dezember – Vierzeiler ein gewagtes Unternehmen.

Eine solche Weihnachtsnummer verleitet zur Lieblichkeit, zur Gestaltung mit Ornamenten und zur Darstellung von Weihnachts – Wunschbildern: Die Familie, die Ordnung, die Beschaulichkeit, der Friede, das Engelshaar, der Engelsgesang. Spätestens beim Engelsgesang fühlen wir uns angesprochen, nämlich als Helfer und Vermittler, denn was wäre Weihnachten ohne die eigene Stimme? Was wäre das Fest ohne das eigene Weihnachtsgebäck? Was wäre Europa ohne das „Büro für Weihnachtslieder“, das mit seinem internationalen Service Schlagzeilen gemacht hat?

Die satte Mehrheit der Sehnsüchtigen

Soviel ist sicher: Wir sind professionelle Weltverbesserer und glauben noch an Gefühle, wir glauben tatsächlich an eine bessere Welt, jene Welt, die uns auf Werbeplakaten nur entgegenlächelt. Wir glauben auch an die schönen Augenblicke, die in den Schlagertexten nur besungen werden. Wir glauben letztendlich, dass es viele sind, die zum Liederblatt greifen und die Worte „Stille, heilige Nacht“ mit eigenem Klang beseelen. Und: Wir sind fest davon überzeugt, dass jene, die selber Weihnachtslieder singen und jene, die gerne singen möchten, eine satte Mehrheit bilden, die Sehnsuchts – Mehrheit nämlich. Keine Umfrage verleitet uns zu dieser Annahme – wir haben nur so ein Gefühl und brauchen deshalb nicht abzustimmen. Anstimmen statt abstimmen lautet die Devise!

Wir fordern Aufmerksamkeit und Widerspruch

Dieser Vierzeiler beschreibt die Geschichte der Weihnachtslieder, soll Ihnen die Herkunft näher bringen und so manches Lied in Erinnerung rufen. Weitere Beiträge fordern Ihre Aufmerksamkeit und reizen auch zu Widerspruch. Es sind manch schöne Gedanken zu einer schönen Zeit und dazu unsere Angebote, von denen Sie Gebrauch machen sollten. Der „Vierzeiler“ ist Ihre direkte Verbindung ins Volksliedarchiv, der Heimstätte Ihrer Gesänge.

Die Ergriffenheit durch die menschlicher Unzulänglichkeit

Wenn Sie in der Adventzeit und dann im Lichterglanz des Christbaumes die alten Weisen anstimmen, dann lassen Sie sich nicht verunsichern. Lassen`s den Franzl brummen und der Herr Papa soll den Bass probieren. Sie selbst greifen zur Flöte. Schließlich geht es in diesem Augenblick um mehr als nur um Musik. Es geht um das große Erlebnis, selbst zu klingen und um die Veredelung der schönsten Texte, die unser Volksliedschatz zu bieten hat.


Der Vierzeiler, Leitartikel Zum Titelbild und Thema, Jahrgang 18, 4/ 1998; Grundsätzlich sind alle hier veröffentlichten Inhalte urheberrechtlich geschützt und sämtliche Rechte vorbehalten.