Echte Volksmusik ?

Was unser Unternehmen betrifft, so wird von vornherein angenommen, dass wir die Standesvertretung einer solchen „echten Volksmusik“ sind, was das immer auch heißen möge.

Nicht nur unsere Institution ist das Opfer einer solchen Zuweisung sondern auch die Volksmusik selbst. Es gehen Lehrmeinungen um wie etwa:

⇒ Echte Volksmusik müsse mündlich überliefert sein

⇒ Echte Volksmusik dürfe nichts kosten, erklingt nur aus Idealismus

⇒ Echte Volksmusik kenne keinen Komponisten

⇒ Echte Volksmusik sei nur in dieser oder jener Besetzung echt

Inzwischen müssen wir feststellen, dass keine dieser Kriterien aufrecht zu erhalten ist. Um der Frage näherzukommen müssen wir unsere Fragestellung anders formulieren:

Wer stell die Frage nach der Echtheit?

Für wen stellen wir die Frage nach der echten Volksmusik, ist es eine Geschmacksfrage oder ist eine historische Klärung erwünscht, stellen wir die Frage im Vergleich mit anderen Volksmusiken, oder wollen wir eine Antwort die uns in der Praxis der Volksmusik weiterhilft ?

Für den Wissenschaftler/den Historiker/ für jenen der unsere Volksmusik mit Volksmusik anderer Länder vergleichen möchte ist es relativ einfach:

Wir gehen an die Quellen, finden als die älteren Zeugen die Aufzeichnungen von Steirer-Tänzen, Ländlerformen in 8-taktiker Periode, wir finden die vielen Gstanzlmelodien und wir finden die Jodler. All das unterscheidet sich ganz wesentlich von der skandinavischen Volksmusik, der brasilianischen Volksmusik. Wir haben damit durchaus – weil wir Unterschiede aufzeigen – die richtige Antwort gegeben und können dies auch anhand von Beispielen aus dem Archiv belegen.

Für den Praktiker ist es viel komplizierter:

Er meint ja dass seine Musik echt ist, weil er sie vom Großvater hat. zufällig hat aber der Großvater alte Märsche vom Militär mitgebracht. Er spielte die Musik eines Blasmusikkomponisten und der ganze musikalische Aufbau entspricht nicht den Prinzipien der volksmusikalischen Beschränktheit, der kleinen Form. Dass der Großvater seine Musik zu Hochzeiten aufspielte und sich die Märsche und die Salonmusik auf seiner Harmonika zurechtgespielt hat, macht ihn nun zum Volksmusikanten.

Echt, im Sinne der historischen Kenntnis von Volksmusik ist also nicht gleich echt im Sinne der Brauchbarkeit von Musik mit Sitz im Leben.


Statement zu einem unbestimmten Anlass, 1997; Auszugsweise gedruckt in Andreas Safer: Folk&Volxmusik, Weishaupt Verlag, 1999; Grundsätzlich sind alle hier veröffentlichten Inhalte urheberrechtlich geschützt und sämtliche Rechte vorbehalten.