So kurz vor der Jahrtausendwende – 10 Jahre sind in einem Volksliedarchiv eben nur ein Katzensprung – fragen wir uns auch nach dem Sinn eines Archivs der Jodler, Landler und steirischen Tänze.
Man möchte meinen, dass wir heute schon von gestern sind (und erst morgen?), denn die Jahreszahl „2000“ ist längst besetzt mit Vorstellungen von einer elektronisch-technischen Abnahme aller Problemchen bis hin zu gesteuerten Gefühlen. Ist sie dann nicht längst Historie, die musikalische Sensibilität, der von uns so oft ausgesprochene Personal- und Regionalstil und die hausgemachte Unterhaltung?
Dem In- und Output unterwerfen?
Ist dann nicht alles bestens zwischen INPUT und OUTPUT „geregelt“? Mitnichten, denn unser Volksliedarchiv hat das berühmte „Brett vor dem Kopf“ schon lange zu einem neuen Regal umfunktioniert um der historischen Sammlung den entsprechenden Schuss Gegenwart anzufügen (Siehe: Erhebung „Neues Steirerlied“ und „Folk in der Steiermark“). Die Visionen von einem verkabelten Jahr 2000 haben uns beeindruckt. Zugegeben. Wir haben den bestmöglichen Nutzen aus dem Korb aller neuester technischer Finessen gezogen, unser Tonarchiv bestens ausgestattet und werden schon bald die elektronische Datenverarbeitung für unsere Ordnungsaufgaben benützen können.
Die eigene Stimme hat wieder Saison…
Bei allen Betriebs-internen Errungenschaften müssen wir aber einen Blickwinkel für unseren eigentlichen dienenden Aufgabenbereich freihalten. Hier treffen nämlich alle Vorstellungen von einem geruchs-, sing- und seelenfreien neuen Jahrtausend nicht zu. Unsere Beobachtungen zeugen von einem musikalischen Tun, das sich des Kabels entledigt hat. Das „Selbst-erklingen-lassen“ wird neuerdings dem „Es-sich-geben“ vorgezogen. Die eigene Stimme hat wieder Saison…
Was liegt näher, als bei diesen Bedürfnissen anzuknüpfen, statt zu belehren einfach animieren und ergänzen? Liegt nicht im Versuch das ganz große Ergebnis? Was bedeutet dies alles für eine Ausgabe des „Vierzeilers“, der unser Archiv samt Mitarbeiter zum Thema hat?
Eigentlich bräuchte es einen Fünfzeiler
Das Steirische Volksliedarchiv stützt sich zunehmend auf einen Kreis junger Mitarbeiter, die – wie ich das so sehe – die Erlebniswelt Volksliedarchiv genießen. Nicht im „Schon Bescheid wissen“ liegt also das ganze Glück unserer Mitarbeiterschar. Das noch Ungewisse ist besonderer Auftrag. Wissensdurst animiert und bringt neue Fragestellungen, denen bisher noch niemand nachgegangen ist. Was eine regelmäßige Archivarbeit so vieler aktiver Helfer für unsere Institution bedeutet, kann man gar nicht hoch genug einschätzen.
Der „Vierzeiler“ gibt einem Teil von ihnen nun Gelegenheit, sich und ihre Arbeit vorzustellen. Einige Porträts folgen im nächsten Heft. Dass nicht alle Bereiche unserer vielfältigen Arbeit in einem „Vierzeiler“ unterzubringen sind – übrigens auch nicht in einem „Fünfzeiler“ -, das ist für mich der wohl angenehmste Platzmangel der mir je untergekommen ist. Mehr noch: Es ist die Sensation unter den Volkslied-Archiven.
Der Vierzeiler, Leitartikel zum Titelbild und Thema, 10. Jahrgang, 1/1990; Sätze und Gegensätze, Band 10/ 1999; Grundsätzlich sind alle hier veröffentlichten Inhalte urheberrechtlich geschützt und sämtliche Rechte vorbehalten.