Das steirische Hackbrettl

Es ist ein urtümliches Bild, wenn der Musikant mit seinem Trapezkasten aufkreuzt. Mit be­sonderer Sorgfalt trägt er sein Instrument oder hat es mit einem speckigen Ledergurt umgehängt. Und dann, wenn die schwungvolle Musik erklingt, hat wohl niemand eine Ahnung davon, welche Arbeitszeit alleine der Stimmvorgang schon zuvor verschlungen hat.

Die Vielsaitigkeit macht Arbeit

Dabei sitzt der Hackbrettler meist irgendwo im Hintergrund über sein Brettl gebeugt und versucht, die vier oder fünf Töne eines Saitenchores in Einklang zu bringen. Der Laie mag das Auf- und Absinken der zu stimmenden Töne lustig oder auch lästig finden. Für den Spieler verlangt dies äußerste Konzentration. Es ist ihm wichtig, dass sein Instrument klar und rein stimmt, dass er der Musik mit seinem Spiel die typisch steirisch­e Klangfarbe gibt.

Begleiten, ausschmücken und Akzente setzen

Das Hackbrettl steht mit seinem Beitrag zur Tanzmusik nur scheinbar im Hintergrund: Bescheiden begnügt es sich, dazu zu schlagen, wie es in der Sprache der Hackbrettspieler heißt. Und so begleitend auch sein Beitrag zum flotten Spiel ist, so wert­voll ist dieses Gegenspiel, das Finden von Begleitschlägen und Ausschmücken von Pausen. Das diatonisches Prinzip ermöglicht auch schwierige Melodienfolge und ist nicht zudem für fremdartige Tonkombinationen bestens geeignet.

Von vielen wird er bewundert und bestaunt – der Hackbrettspieler, wie er sich im Wirrwarr der vielen Saiten zurechtfindet, wie er trotz flottem Spiel den rechten Bass-Saitenchor trifft und wie er auch bei völlig neuen Musikstücken sogleich eine Begleitstimme anschlägt.

Die Hämmerchen zappeln ungeduldig

Da sitzt er nun – das Brettl am Tisch und der Blick auch manchmal ins Publikum gerichtet. Er findet dennoch die richtigen Töne. Er versteht es auch, mit dem Temperament seiner Schläge auf die Musik und die Stimmung der Tänzer einzuwirken. Zwischen den Fingern zappeln die Hämmerchen, und sein linker Fuß tappt unerlässlich im Takt am Boden mit. An diesem Bild hat sich wahrscheinlich seit dem letzten Jahrhundert nichts geändert. Auch nicht an der Aufgabe des Hackbrettes, der kleinsten Besetzung unserer Tanzmusik die entsprechende Fülle zu verleihen.

Von ganz alten Instrumenten fasziniert

Ein rechter Musikant liebt sein Instrument, sei es noch so alt und gebrechlich: Vom Zug der Saiten durchgebogen, mit einer Stahlklammer verstärkt, um die Spielbarkeit noch für einige Zeit zu erhalten. Die Decke zerrissen und die Saiten leicht angerostet. Ein Instrument, von dem man sich nicht so einfach trennen kann, weil die Klangfülle noch ausreicht, weil die Holzrisse viele Musizierjahre symbolisieren und weil unzählige Tanznächte und Erinnerungen mit diesem Stück Holz verbunden sind. Und noch etwas: Weil es mehr den Schlag transportiert als den Ton. Das ist es, was den Tanzenden in die Füße geht.

Zweifache Seele: Die des Instruments und die des Spielers

Ja – der Hackbrettler ist schöpferisch tätig. Er schwebt ständig zwischen Hauptmelodie, Begleitung und eigener Interpretation. Die fein ausgewählte Ornamentik ist sein Metier. Er ist Gestalter und sehr weit weg von einem lustlosen „Ton an Ton reihen“. So betrachtet ist es – so meine ich – auch eine Herzensangelegenheit. Ein Hackbrett hat halt nicht nur Schalllöcher, Boden, Decke, Saiten und Wirbel, sondern auch eine Seele.


Plauderei über Musikinstrumente. Der fröhliche Kreis, 4/1976; Sätze und Gegensätze, Band 10/ 1999; Grundsätzlich sind alle hier veröffentlichten Inhalte urheberrechtlich geschützt und sämtliche Rechte vorbehalten.