Zitate zum Thema Brauchtum

Zur Ehre aller Brauchtumspfleger

Dem Wort Brauchtum geht ein seltsamer Ruf des uralt Beständigen, fest Geregelten, wenig Dynamischen voraus. Das liegt wohl an uns Menschen, die das Festhalten von Form, Farbe, Termin und Rhythmus als Geländer durch das Zeitgefüge empfinden.Mag sein, dass dahinter auch ein ausgeprägter Ordnungssinn steckt, dem wir anheim fallen. Kann es sein, dass wir Angst haben, die lieb gewonnen Gewohnheiten ablegen zu müssen? Es wird schon so sein, dass wir im starren Korsett eine Chance sehen, der Vergänglichkeit entgegen zu steuern. Also ist der Versuch, dem eigentlich sehr dynamischen Brauchtumsgeschehen den Status Quo aufzuzwingen, verständlich und damit sei die Ehre aller Brauchtumspfleger gerettet. HH

Der Wunsch nach Überschaubarkeit

Bräuche sind Haltegriffe durchs Leben. An diesem Geländer durch das Zeitgefüge müssen wir aber auch ständig Besserungen vornehmen, manches aufgeben oder auch hinzufügen. Wir sind ja Meister im Kreieren neuer Ereignisse: Sie wissen ja, dass wir dazu neigen, nach drei Veranstaltungen schon von Tradition zu sprechen, nach 5 Ereignissen sagen wir: Das war immer schon so. Offensichtlich entsteht dies aus einem Bedürfnis nach Überschaubarkeit. HH

Die Welt der Schubladen

Volksmusik und überhaupt Brauchtum wird allzu gerne mit der Gedankenwelt des Alten, Gestrigen und mit der verblichenen Erinnerung verknüpft. Genügend lange wurden die entsprechende Sprache samt Bildern verbreitet: Urig und echt musste die Volksmusik sein. Ein Jahrhundert lang ist schon die Rede vom Untergang, vom Verlorengehen alter Werte. Seien wir ehrlich: Wir haben dafür eine ganz bestimmte Schublade in Bodennähe, weil das Regal in Augenhöhe für Aktuelles und Zukünftiges reserviert ist. HH

Verlust und Entdeckung

Die Klage „Es ist nichts mehr so wie früher“ möchte ich nicht mitheulen, denn Menschen, Zeiten und Brauchtum sind in einem steten Wandel begriffen, der uns erst zum Menschen macht und uns vom Datenträger unterscheidet. Also keine Angst vor dem Untergang. Dinge die uns entschwinden, sind nicht irgendwem entschwunden, sondern uns selbst. Sie haben ihre Zeit gehabt und sind uns nicht mehr wichtig, werden aber wiederentdeckt werden, wenn wir einen Bedarf haben oder werden durch neue Bräuche ersetzt. HH

Brauchtum als fließendes Vermögen

Bräuche stehen also im Zusammenhang mit unserer Lebensweise, mit Lebensentwürfen, mit Arbeitsabläufen und sind wegen ihrer tiefen archaischen Wurzeln ein Gegenstück zur realen Welt. Brauchtum unterliegt vielen Spannungsfeldern, dabei spielen Generationenkonflikte ebenso eine Rolle wie Lebensstil und Konsumwelt, Arbeitswelt und Schnelllebigkeit samt Vermarktungs-Tendenzen für den Tourismus. Es ist ein vielschichtiges und komplexes Thema, weil Brauchtum kein stehendes sondern ein fließendes Vermögen ist. HH

Wenn nur Musik übrigbleibt – ist es schade.

Musik ist vielfach zum Selbstzweck geworden. Von der Lebendigkeit einer Musikgattung ist – so kann man durchaus kritisch anmerken – nur mehr Musik übriggeblieben. Die Ansingebräuche mahnen uns, mehr von uns selbst zu geben als nur Musik. Virtuosität ist beim Neujahrgeigen zwar nicht hinderlich, jedoch nicht erforderlich, weil hier das Erwandern der Grußadresse, der gesprochene Wunsch, die Ernsthaftigkeit des gesungenen Anliegens, verpackt in eine immer wiederkehrende, allgemein bekannte Weise, alle Sinne beanspruchen. Volksmusik hat hier eine Funktion zu erfüllen, die weit über die Verwirklichung des Musikanten und die Interpretation eines musikalischen Werkes hinausgeht. HH

Köstliche Unanständigkeit

Dass unsere Gstanzln auch ein Hort der Freiheit sind – die Unanständigkeit mit eingeschlossen –, macht sie noch wertvoller, als wir vielleicht anneh­men. Viele Dinge sind, sobald sie aus­gesprochen, schwer verdauliche Kost. Gereimt und „verme­lodeit“ sind sie zumindest genießbar, wenn nicht sogar Köstlichkeiten. Unter- und Überzeichnungen haben hier ihren Ursprung und schließlich zählt auch, dass das Deftige sich verflüchtigt, bevor das Gefühl von peinlicher Grauslichkeit aufkommt. HH

Feines, auf höchster Ebene

Es sind immer wieder besondere Stunden der Unterhaltung und der ganz feinen Begegnung auf höchster Ebene, weil wir selber die Instrumente sind, mit der hellen hohen oder mit der vollen tiefen Stimme. Und das geschieht aus dem Ärmel heraus und aus der Sehnsucht nach dem glückhaften Dasein. Dasselbe ist nämlich erst schön, wenn wir davon in Liedern erzählen können und wenn sich mitunter die Zeit strecken lässt – in die Unendlichkeit. HH

Beharrlichkeit ohne Stillstand

Bei traditioneller Kultur handelt es sich nicht um unveränderbare Gesetzlichkeiten. Es ist immer eine Mischung aus Beharrlichkeit, Gestaltungskraft und Überbordwerfen, die unser Leben zeichnet. Das Leben aus der Überlieferung ist die überzeugt gelebte Beharrlichkeit, eine Bremse die wir ziehen, weil wir in einer immer schneller werdenden Veränderung ein halbwegs sicheres Geländer durchs Leben brauchen. Beharrlichkeit ist aber nicht gleich Rückständigkeit, weil wir ja unsere Bräuche und Rituale nicht liegen sondern leben lassen. Wir dürfen davon ausgehen, dass trotz des Beharrens, eine stete Innovation – als stiller Prozess – vollzogen wird. HH

Merkwürdiges in Grundlsee

Am Abend zuvor aber waren wir Augen- und Ohrenzeugen einer recht eigentümlichen Musikdarbietung, zu der äußerst verwegen getanzt wurde. Immer wieder zogen die Tänzer in einem Untergriff die Tänzerin gezielt nach vorne, um dann bedächtig im Aufzug beide Handfesseln ineinander verschlungen einem eigenen Handtanz ausführen zu lassen und Sturzbach ähnlich, wieder in die Tiefe zu fahren. Dabei machten beide geschmeidig und im Gegensatz zur Virtuosität der Handführung dem Duktus der Melodien folgend, beinahe zierlich anmutende Schritte. Mehrmals vollführten die Anwesenden diese nach Verwicklung aussehende Handlung, um dann bald einmal die Tänzerin alleine lassend, sich in der Mitte im Männerkreis zu treffen. Es waren mehrstimmige Gesänge, deren Inhalt uns keineswegs verständlich war. An der Mimik der Männer aber war eine Ernsthaftigkeit zu erkennen. Diese Heftigkeit hatte sogar etwas von Brachialgewalt und vermengte sich zu einem eindrucksvollen Ganzen. Schlussendlich legten Sie einen Pascher hin, von dem eine monumentale Wirksamkeit ausging. Alsob es auf der Welt nur diesen Flecken gäbe und dieser sich in den Mittelpunkt alles Menschlichen rücke. Es war ein Manifest des Augenblicks und zugleich eines der Vergänglichkeit. HH

Was stimmt nicht am Konzept?

Zurück zum „Aufsteirern“: Warum habe ich dennoch ein ungutes Gefühl dabei? Weil für Brauchtum und Regionalität das ganz einfache Leben am Lande funktionieren muss. Es sind kulturelle Grundsäulen, sagen wir besser der Humus vonnöten, um Musik, Gesang, Tanz und Brauchtum gemeinsam zu tragen. Tatsache aber ist, dass der ländliche Raum seit Jahrzehnten ausgeblutet wird. Neuerdings haben wir einen Mangel an Ärzten in den Gemeinden, schon länger aber werden kleine Schulen, Polizeidienststellen, Postämter eingespart und ebenso verschwinden die kleinen Kaufhäuser für die Nahversorgung. Zuguterletzt: Immer mehr kleine Gasthäuser schließen, sie wären aber als Zentren für die Begegnung am Lande wichtig. HH

Kultur und Tourismus – ein Spannungsfeld

Das Spannungsfeld zwischen Präsentation unserer Kultur für den Tourismus und den Erfordernissen einer für die Bevölkerung erlebbaren hohen Lebensqualität, die das freie Gestalten, das neue Erfinden und Ausleben von Traditionen zulässt, ist eines der großen Themen im Zuge der Urbanisierung, Globalisierung und Findung neuer Lebensentwürfe. HH


Die Zahl 1333 ist keine Jahreszahl sondern ein Code für: Ausgesuchte Zitate aus dem Gesamtwerk; Grundsätzlich sind alle hier veröffentlichten Inhalte urheberrechtlich geschützt und sämtliche Rechte vorbehalten.