Der Musikant als Voyeur

Na ja, die wenigsten im Publikum wissen, dass sie unter Beobachtung stehen. Fälschlicher Weise wird ja immer angenommen, wir Musikanten seien mit unserer Musik beschäftigt.

Die Zunft der Tanzmusiker aber scheut das Notenpult deshalb, weil es die Kommunikation mit dem Publikum unterbindet, den Aus- und Überblick verstellt.

Dieselbe Spezis sitzt auch nicht

– sie steht auf dem Podium. Und ich bin einer von dieser Gattung und kann es bezeugen. Wir Stehgeiger haben unverzichtbare Vorteile: Wir sind – von oben herab – ganz mit dem Publikum beschäftigt, und das mit voller Hingabe. Das führt zu mannigfaltigen Ergebnissen. Zum Einen ist der Geigenstrich am Puls der Tanzschritte und tariert die Schwungmasse mit dem Drehmoment, wobei das Stimmungsbarometer nicht nur einfach ausschlägt, sondern auch ausschlaggebend ist.

Das sind nur technische Details

…die wir im Auge haben müssen. Noch mehr aber haben wir die Tanzpaare im Focus: Für einen jungen tanzenden Hupfer können wir ganz leicht einen Zahn zulegen, für die älteren Semester mag der langsame Länder gerade noch recht und human sein. Für die Einblicke vom erhöhten Podium mag man uns beneiden, doch geht es nicht so sehr um das blanke Dekolleté, vielmehr um die Tatsache, dass die Anstandszentimeter zwischen den Leibern – zu fortgeschrittener Stunde – immer mehr schmelzen.

Von der Eigenjagd zur Damenwahl

Dass nun ausgerechnet die Frau vom Bürgermeister den anders parteigepolten Vizebürgermeister so an sich drückt, steht halt in keinem Koalitionsabkommen. Es gibt aber noch andere interessante Verbindungen, die weitreichende Folgen haben könnten: Da ein großer Waldbesitz und dort ebenfalls. Ein schönes Paar geben sie ab und wir meinen, dass sich da eine Eigenjagd ausgeht. Dort drüben: Bislang hat sich Hochwürden abstinent gehalten, weshalb wir nun – wegen dem hochwürdigen Herren – eine Damenwahl ansagen und, schon hat sie Wirkung gezeigt.

Das alles läuft unter Brauchtumspflege

Nein, es ist nicht die Pfarrköchin, die sich den geistlichen Herrn ausgesucht hat, wer von Euch kennt die junge Dame? Solche Fragen stellen wir uns gegenseitig – ohne aus dem Takt zu kommen. Und, ob es schicklich ist, dass der Herr Bankdirektor seine junge Mitarbeiterin beim Fensterltanz so mir nix Dir nix einfach und herzhaft küsst. Meine Frau spielt neben mir die 2. Geige und hat meine Verwunderung wahrgenommen. „Das läuft unter Brauchtumspflege“ raunt sie mir zu.


Für das Styriarte Magazin anlässlich einer Musikveranstaltung im Freilichtmuseum Stübing; Grundsätzlich sind alle hier veröffentlichten Inhalte urheberrechtlich geschützt und sämtliche Rechte vorbehalten.