Heut gemma Hochzeit absperren…

Die Vorbereitungen sind, so erzählen es die Akteure, jedes Mal eine Extragaudi, denn sie wühlen mit Genuss in alten Erinnerungen und freuen sich diebisch über jede lustige Pointe. Es bedarf der Dramaturgie ebenso wie der Utensilien und wenn das Rollenspiel gelingen soll, heißt es auch zu proben. Wenngleich es beim Absperren nicht nur freundlich zugeht und der Spott fröhliche Urständ feiert, stellt dieser Brauch eine Auszeichnung dar. Es ist ein Nachweis, dass es gute Freundinnen und Freunde gibt, die das Vorspiel dieser nun vollzogenen Ehe bestens kennen und sich auch so manchen Scherz erlauben dürfen.

Was steckt hinter dem Absperren?

Es geht um die Warnung vor der Ehe und um die gespielte Verhinderung des Vorhabens. Die Freundinnen und Freunde des Brautpaares, oftmals auch die Nachbarn und in manchen Fällen auch jene Vereine, denen das Brautpaar angehört, sind die Durchführenden. Auf dem Weg zur Trauung wird also abgesperrt. Ja, das war früher so, denn eine Verhinderung hat ja auch nur vor dem Kirchgang einen Sinn. Inzwischen ist die Umkehrung üblich geworden – das Absperren nach dem Kirchgang. Die hohe Geistlichkeit mag es ja nicht so gerne, wenn die Hochzeitsgesellschaft unpünktlich und noch dazu angeheitert zum ernsten kirchlichen Akt erscheint. Und ohne das Angeheitertsein geht es halt beim Absperren nicht. Eine kleine Szene gefällig?

Griaß Euch, liebes Brautpaar

Wenn mitten über die Straße der Strick gespannt ist oder gar ein Fuhrwerk quer steht, auf dem sich das „Theater“ abspielen wird, dann ist es so weit. Die ganze Hochzeitsgesellschaft sammelt sich und wird meist von einem oder mehreren Musikanten angespielt, Schnaps und Wein werden gereicht und manches Mal auch etwas Gebäck. Die Ouvertüre dauert so lange, bis das Brautpaar und die Gäste versammelt sind. Meist werden dann in zwei verschiedenen Szenen Schwänke aus dem Leben des Bräutigams und ebensolche aus dem Leben der Braut gespielt. Da schlüpfen die Freunde in deren Rolle und treiben allerhand Schabernack. Je nach Beruf und Lebensweg wird da eifrig gewerkt. Ist der Bräutigam Chirurg kann es durchaus zu einer inszenierten Operation am lebendigen Leib kommen. Ist die Braut Bäuerin, wird gerne auch eine Kuh zum Melken mitgebracht.

Neben den individuell zugeschriebenen Rollen gibt es aber immer die gespielte Warnung vor dem, was nun auf die Eheleute zukommt. Dazu gehören der Wäschestrick mit Babykleidung und der Kinderwagen mit einem plärrenden Balg. Dabei werden also auch die kleinen Kinder zu Mitspielern…

Manches Mal geht das Absperren mehr derb einher, hie und da aber werden sie als wahre Gustostücken der Schauspielerei erlebt. Die Brautleute werden dabei gerne auch „Prüfungen“ unterzogen, um daraus die Eignung für die Ehe abzuleiten

Rundum also fröhliche Gesichter. Für die große Verwandtschaft – von beiden Seiten – ist es die erste Gelegenheit, hier ins Gespräch zu kommen. Den Schlussakt aber spielt wieder der Musikant und es gehört zur guten Sitte, dass die Absperrer zum Hochzeitsmahl gebeten werden. Meist gehören sie nicht zu den offiziellen Gästen, werden aber als Nåchikemma ebenso verköstigt wie die übrige Gesellschaft.

Der Hochzeitsführer und seine Dramaturgie

Die Absperrbräuche erlebt man in Österreich sehr unterschiedlich. Vielerorts kommt es auch zu mehreren solchen Szenen von verschiedenen Absperrern. Da gehört viel Geschick dazu, bei so viel Unterhaltsamkeit, den Zeitplan halbwegs einzuhalten. Auch wenn das Absperren heute meist nach der Eheschließung stattfindet, hat doch kein Gastwirt mit einer mehrstündigen Verspätung eine Freude. Die Verantwortung für den Zeitplan und die gesamte Dramaturgie liegt in den Händen des Hochzeitsführers. Er waltet meist umsichtig seines Amtes.

Das Absperren ist also ein Spiel, ein lustiges Zurückschauen auf die Vergangenheit der beiden angehenden Eheleute. Nicht selten wird dabei der flatterhafte Lebenswandel des Bräutigams aber auch jener der Braut dargestellt. Der Bräutigam wird mit den zahllosen Verflossenen bloßgestellt, die Braut als eine, die schon mehreren Männern auf den Leim gegangen ist. Das alles wird in mehrdeutigen Anspielungen dargebracht, manches Mal auch in Reimform. Stets aber wird noch ein gehöriger Abstand zur Peinlichkeit eingehalten.


Gwandhaus-Journal, Salzburg; 1111 steht nicht für eine Jahreszahl sondern ist das Zeichen für eine noch nicht ausformulierte Quellenangabe. Grundsätzlich sind alle hier veröffentlichten Inhalte urheberrechtlich geschützt und sämtliche Rechte vorbehalten.