Warum nur so steirisch?

Spätestens dann, wenn man in der Ortschaft Terz bei Mariazell – also inmitten des österreichischen Staatsgebietes – vor dem „Gasthaus zur österreichischen Grenze“ steht, weiß man, dass mit der Steiermark etwas Steirisches gemeint ist.

Damit nicht genug: Wandert man auf den Almwegen des steirisch-niederösterreichischen Grenzgebietes, kann es vorkommen, dass der Almhalter mit dem Finger über die steirische Grenze hinauszeigt und meint: „Då siachst eini ins Österreichische“. Nun könnte man den Sonderfall Steiermark natürlich in historische Zusammenhänge betten, das „Herzogtum Steiermark“ als den Ursprung solcher Ein- und Abgrenzungen anführen. Dies alles, um es uns nicht gar zu leicht zu machen mit der Erklärung etwa, dass bei uns noch ein gesunder Patriotismus haust. Da wird eben noch steirisch und nicht Mundart gesprochen und man kann sich eine steirische Jause vorsetzen lassen, die anderswo in gleicher Qualität und Zusammenstellung Brettljause heißt.

Steirisch getanzt, gespielt und gekleidet….

Was die Musik betrifft, die Volksmusik der Steirer nämlich, kann man eine ganz ähnliche Lokalsprache feststellen. Da wird auf einer Steirischen (Harmonika)gespielt, steirisch getanzt und man geht selbstverständlich steirisch (gekleidet) zum Steirerball. Bei dieser grün-weißen Einfärbung aller nur möglichen Tätigkeiten mit dem Namen unseres Heimatlandes, tun wir uns halt etwas leichter als unsere nördlichen Nachbarn, die, wenn sie ihre Mundart meinen, eher selten von einem „Niederösterreichisch“ sprechen.

Von der Verständlichkeit in kleinen Einheiten…

Was ist aber das wahrhaft Steirische am steirischen Gesang? Das Nachstehende gilt wohl überhaupt für diese besondere Kultur: Nicht die überregionale Größe der Übereinstimmung macht die Volksmusik aus, sondern die Vielfalt und Verständlichkeit in kleinen Einheiten. Da klingen etwa die Jodler aus der Ramsau kräftig-steinig-luftig, während im Land um Graz, dem Gleinalmgebiet und um Semriach langsame Jodler erklingen, die an Schönheit nicht zu überbieten sind. Welche Vielfalt breitet sich aber erst aus, wenn wir dem Volksgesang zuhören. Jenen Männern im Mariazellerland, die über ihre lustigen Texte immer wieder lachen können. Gasthaussänger in der Oststeiermark, in ihrer unverkennbaren Sprache und jene Sängerin im weststeirischen Kainach, die ihre Dudler mit Kopfstimme trällert. Die Ausseer und die Obersteirer kennen wir mit einer Fülle an Jäger- und Almliedern. Heute noch! Wohlgemerkt: Hier ist nicht von vergangenen steirischen Zeiten die Rede, obwohl Vermarktung und museale Umklammerung dem Steirischen schon zugesetzt haben.

Vom besonderen Umgang mit Tradition

Wahrhaft steirisch im Sinne einer, vom steirischen Kulturpolitiker Hanns Koren formulierten Breite, ist also die Befindlichkeit der Volksmusik. Gemeint ist nicht der Output an Tonträgern oder gar die Präsenz in Medien. Gemeint ist der Umgang mit Musik im Leben, der, trotz aller Moden unserer Zeit vorhandener Zuspruch zu den Traditionen. Nicht abgeschottete, als die bessere Art verstandene und in Vereinslokalen gepflegte Volksmusik ist heute gemeint, wenn wir von Lebendigkeit sprechen. Nein, die Verbindung zwischen der Lebenswelt von heute und den musikalisch-poetischen Wurzeln ist es, die das Steirische in der Volksmusik ausmachen.


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