Das Jodeln als Elixier

Das Wort „Jodeln“ entlockt uns im Allgemeinen zuerst ein Lächeln.

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Gisela Meisenbichler (1906-1998)

Erinnerungen und Überlegungen

Ich weiß nicht einmal mehr das Jahr des Besuches bei Frau Gisela Meisenbichler in einem Alters- oder Seniorenheim in Villach. Deshalb weiß ich auch heute nicht mehr, wie alt sie damals war, es dürften aber 2-3 Jahre vor ihrem Ableben gewesen sein.

Frau Meisenbichler war sehr rüstig und hatte klare Erinnerungen an ihre Zeit als Sängerin und war auch sehr gesprächig. Wie viele Lieder sie zusammen mit Herrn Gletthofer aufgenommen hat, weiß ich auch nicht mehr, aber wir sind die Titel durchgegangen und ich habe damals eine Archivliste komplettiert und überprüft.

Meist ist es der Gesang der Geselligkeit

Ich ging ja immer davon aus, dass es sich bei meinen Gewährsleuten, und so auch bei Frau Meisenbichler, um Sängerinnen und Sänger handelte, die in Geselligkeit gesungen haben und deren Repertoire sie ein Leben lang begleitet hat – als Gebrauchsgegenstand. Bei meinen Forschungen nach Sängerinnen und Sängern sind mir meist nur zwei „Kategorien“ aufgefallen, bei denen ich ganz unterschiedliche Fragestellungen hatte:

Liedersängerinnen und Sänger die mit jedem Sänger und Sängerin gesungen haben – und bei jeder Gelegenheit.

Liedsängerinnen und Sänger, die gesammelt haben, meist Lehrerinnen, die eine Sammlung zusammengetragen und davon auch einige Lieder auswendig gekonnt haben.

Gisela Meisenbichler – eine außergewöhnliche Interpretin

Im Zuge des Besuches fragte ich nach weiteren Gelegenheiten des Singens, wenn sie auf die Schneealm gegangen oder im Wirtshaus gesessen sind. Welches Repertoire gab es noch – das eben nicht für die Aufnahmen auf Schellack taugte oder durch Zufall nicht „eingespielt“ wurde? Das war ja mein Verständnis vom Volksliedsingen als Gebrauchsmusik im Leben. Der Auftritt auf der Bühne oder Musikaufnahmen im Studio sind ja meist ein „zweites Leben“ von Musik.

Ihr Antwort aber verwunderte mich: „Nein, so herum gesungen hab ich nicht, ich habe Lieder eingeübt und dann aufgeführt und eigentlich alle im Rundfunk oder auf Schellack gespielt. Andere Lieder gab es nicht…

Eine überraschende Erkenntnis

Für mich war daraus ersichtlich, dass es sich bei ihr um ein künstlerisches Verhalten gehandelt hat, um ein Leben als Sängerin. Um ein ernsthaftes Selbstverständnis, welches die Produktion voranstellte. Das ist sehr bewundernswert, weil sie sich mit ihrer Professionalität in eine Reihe stellte, mit dem Schlager, mit der Operettenmusik der damaligen Zeit.

Das unterscheidet sie ja von vielen anderen Volksliedsängern, die keine solche Professionalität anstrebten und auch nicht benötigten, weil sie ihre Lieder für ihre geselligen Stunden verwenden. Bei ihrem Auftritt auf der Bühne und im Studio verlieren sie meist an Originalität, weil sie sich ganz anderen Erwartungen und Zwängen unterordnen.


Randnotiz zur Feldforschung, ca. 1996; Grundsätzlich sind alle hier veröffentlichten Inhalte urheberrechtlich geschützt und sämtliche Rechte vorbehalten.