Sag` doch „Du“ zu mir….

Ihnen geht es genauso wie mir: Manches Mal rutscht uns das „Du“ ganz leicht über die Lippen, ein anderes Mal bleiben wir beim höflichen „Sie“. Warum das wohl so ist?Eines ist sicher: Das „Du“ und das „Sie“ gehören mit Bedacht verwendet, denn beide signalisieren als erstes Respekt, Distanz oder Vertrauen und Zuneigung. Da kann es schon vorkommen, dass uns das „Du“ herausrutscht, weil uns danach ist oder uns die Stimmung dazu verleitet. Ebenso entscheiden wir uns spontan für das „Sie“, weil wir noch nicht vertraut sind und uns der Respekt leitet. Das sind immerhin gute Zeichen, weil wir auf unsere feinen Sensoren vertrauen.

Stets geleitet von unseren feinen Sensoren

Im Umgang mit Vorgesetzten sei allemal Vorsicht geboten. Es steht dem Vorgesetzten zu, uns das Du-Wort anzutragen. Der Kluge Chef hält Distanz und lässt die Zeit reif werden. Eine kumpelhaft schnelle Du-Beziehung täuscht über verstecktes Konfliktpotential hinweg. Nein, eine Haberer-Partie, die dem Schulterklopfen huldigt, ist meist nicht glückhaft unterwegs.

Wenn aber das Du-Wort nach Jahren guter Zusammenarbeit angeboten wird, na, dann fußt es auf einer soliden Vertrauensbasis und paart sich mit der Handschlagqualität.

Und wie halten wir es gegenüber jenen, die uns bedienen, die uns zuarbeiten: Lagerarbeiter, Schreibkräfte, Postbote und in der Freizeit die Kellnerin? Da fällt uns das „Du“ sehr leicht und dennoch sollte es niemals aus einer vermeintlich höheren Position abfällig hingeworfenen werden.

Das Du ist ein Ehrenwort und es verpflichtet

Das „Du“ ist also ein Ehrenwort und wenn es uns von einem Älteren angetragen wird, dann möge man es auch in Ehren halten. Das gilt auch bei hohen Würdenträgern: Es geziemt sich nicht, damit zu protzen und vom Schurli oder Joschi zu reden, nur weil man mit einem berühmten Schauspieler, einem Bezirkshauptmann, dem Abt oder dem Landesrat per „Du“ ist. Da bedarf es selbst im persönlichen Gespräch des noblen Feingefühls und man füge geflissentlich hinzu: Du, Herr Pfarrer; Du, Frau Präsidentin; Du, Herr Landesrat.

Das Abtasten und Annähern

Na ja, so halte ich es für mich und möchte ja keinem Vorschriften machen. Ich liebe aber diese kleine Unterscheidung und das Gefühl, sich mittels der Sprache abtasten und annähern zu können. Ich schätze die Spur Unsicherheit, ob die Vertrautheit schon gegeben ist oder ob noch respektvolle Distanz vonnöten ist. Das Anbahnen vom „Sie“ zum „Du“ ist daher ein ganzes Leben lang ein knisterndes Spiel.

Ich selbst stamme ja aus dem Ennstal, wo einem das Du-Wort in die Wiege gelegt wird und einem das Sie kaum über die Lippen kommt. Wenn ich heute durch meinen Geburtsort Irdning gehe, bin ich dort längst ein Unbekannter und dennoch rufen die Schulkinder „Griaß Di“, wenn sie an mir vorüberziehen. Das ist ein schönes Gefühl und zeigt deutlich, wie das „Du“ seine wahre Schönheit erfährt: Wenn es von Respekt getragen ist.


Härtels kleines Credo, Martinsbote des Pfarrverbandes Deutschfeistritz-Peggau, Übelbach, 2016; Grundsätzlich sind alle hier veröffentlichten Inhalte urheberrechtlich geschützt und sämtliche Rechte vorbehalten.