Erschlagen vom Überfluss…

Unsere längst verblichenen Vorfahren waren einst Jäger und Sammler. Beide Fertigkeiten zählten zu den Überlebensstrategien, denn das Wort „Beruf“ war ja noch nicht geboren.

Spuren vom Jäger aber stecken noch in uns, wie es uns die Jagd nach dem Glück zeigt. Nur mit Zuversicht bewaffnet und von großer Hoffnung genährt, jagen wir dem Glück tagtäglich hinterher.

Wenn die Jalousien runter gelassen sind…

ist die Jagd aber, nach dem Nochmehr und die Plage mit der überflüssigen Ansammlung ist einer genauen Betrachtung zu unterziehen. Sie ist nämlich weit entfernt von jeder Strategie und Lebensnotwendigkeit, wie sie uns von den Altvorderen vorgelebt wurde, denn was brauchen wir noch alles, wenn der Garten verpflastert, der Keller verkachelt und die Jalousien runter gelassen sind?

Wenn der Zaun nie mehr rostet und die Hecke jedem fremden Einblick standhält und auch keinen Ausblick mehr zulässt und die Goldfische solarbetrieben im Becken kreisen? Wenn sich das Garagentor automatisch öffnet und das Gewächshaus ebenso selbständig schließt? Wenn wir den Rasenmäher nur mehr grasen schicken und die Gartenzwerge unsere alten Lieder pfeifen?

Zuerst die große Freude am Nutzlosen…

Das ist – bitte schön – nur die kleine Liste der entbehrlichen Dinge. Darüber hinaus haben wir uns mit dem jeweils Neuesten eingedeckt und halten das alte weiterhin lagernd in Ehren.

Es sind nunmehr drei Staubsauger und davon sind zwei Stück zu viel nebst dem alten Modell, von dem wir uns bislang nicht trennen konnten. Es sind die Küchengeräte, deren drei und die mehrfach vorhandenen Handmixer, die Lade voll mit dem 22fachen Essbesteck und die 37 Suppenteller in unterschiedlicher Farbe und Ausführung. Im Keller sind das ganz ganz alte Fahrrad, das ganz alte Fahrrad, das alte und das ganz neue Fahrrad stationiert. Daneben 6 Fahrradpumpen und die wackeligen Stehleiter, die neben den beiden neuen ihr Dasein fristet. Im Gemüsekeller lagern 125 Rexgläser aus der guten alten Zeit. Oben am Dachboden sind es 7 Schreibtischlampen, der wackelige Tisch aus der alten Küche und die komplette Wohnzimmereinrichtung der Tante Käthe von der sich niemand trennen kann.

… und dann die Suche nach dem Abfluss vom Überfluss

Erschreckend, wie wir dem Neuen nachgejagt und das Alte gehortet haben und uns der Reichtum als Überfluss im Weg steht, uns beengt und unseren Blick verschüttet. Kein Wunder also, dass uns die Decke auf den Kopf fällt und die Sehnsucht nach dem Wesentlichen wächst.

Niemand aber lehrt uns dieses Reduzieren auf ein erträgliches Maß. Niemand lehrt uns das Abschied nehmen, das man ja an den schönen Dingen ein Leben lang üben kann, um es einst selber leichter zu haben, wenn es um den eigenen Abschied geht.

Es gibt aber auch den ganz kleinen Reichtum – er befindet sich (auch bei Ihnen) in der kleinen Lade im Vorzimmer. Es ist die kleine Welt der Notwendigkeiten, mit der Taschenlampe, den Ersatzbatterien, dem Kerzenstummel, dem Feuerzeug nebst einem Heftpflaster, ein paar Nägel und einer Nagelfeile, dem Klebeband und dem Bleistiftstummel, dem Spitzer und dem Radiergummi, dem Bieröffner, den Reservebrillen, dem Auto- und dem Kellerschlüssel.

Den Sensor aber für das Wesentliche werden wir hier nicht finden, den müssen wir in uns selber entdecken…


Härtels kleines Credo, Martinsbote des Pfarrverbandes Deutschfeistritz-Peggau, Übelbach, 7/ 2015; Grundsätzlich sind alle hier veröffentlichten Inhalte urheberrechtlich geschützt und sämtliche Rechte vorbehalten.