Man will ihn nicht verstehen…

Nicolaus Harnoncourt bringt die Diskrepanz zwischen dem Bildungssystem und der Bedeutung von Musik im Leben auf den Punkt – und schon wird er missverstanden.

Seine Mahnungen werden als Angriff auf das Musikerzieher Etablissement gewertet, statt ihn als Rufer zu erhören und ihn zum Verbündeten zu machen. Dabei kämpft er ja nur für mehr Herzensbildung über die Schiene Musik, wer kann da was dagegen haben?

Eines ist sicher: Es bedarf der Visionäre

Das Musikland Österreich kann man zwar aus der Geschichte heraus verstehen, das genügt nicht. Aber es könnte durch das Bildungssystem das Musikland bleiben, wenn der musischen Erziehung mehr Bedeutung zugesprochen würde, als es einem Nebenfach zusteht. Dazu bedarf es eben der Visionäre – jenen mit langem Atem. Aber der Weitsicht ist man ja bei uns schon immer mit Skepsis begegnet, weil die Liegestühle im Tal eben verlockender anmuten, als die schroffen Gipfelregionen, die sich vorderhand nicht als Ziel entpuppen.

Es ist dem großen Meister Harnoncourt uneingeschränkt zuzustimmen. Selten hat wer die hohe Kunst der Musik so deutlich mit der ursprünglichsten Form, dem selber Singen in der Familie in Verbindung gebracht. Das ist eben die Keimzeit jeder musikalischen Regung und die kann mit dem besten Lehrplan nicht mehr wettgemacht werden. Es ist so wie in der Gastronomie: Was nützt es denn Fachwirte auszubilden, die Betriebe führen können, aber das Wort Gastlichkeit – im ursprünglichsten Sinn – nicht verstehen.


In einem Schreiben an die Kleine Zeitung äußerte sich ein Leser empört über den Inhalt eines Interviews, welches der Maestro der Kleinen Zeitung gewährte, darauf erfolgte diese Reaktion, 2015; Grundsätzlich sind alle hier veröffentlichten Inhalte urheberrechtlich geschützt und sämtliche Rechte vorbehalten.