Vorab einmal einen lieben Gruß von Haus zu Haus – in der Hoffnung, dass es Ihnen gut geht und natürlich angereichert um die Grüße an Ihre Frau Gemahlin.
Mag sein, dass mein Schreibstil schwülstig anmutet, mein Mentor, der von mir stets sehr geschätzte Hofrat Dr. Hubert Lendl, hat das formenreiche Ausufern der Sprache immer gerne gehört und ich habe es – zu seiner Freude – gerne auf die Spitze getrieben.
Und nun schreibe ich Ihnen den schon lange vorgehabten Brief, weil mir danach schon geraume Zeit zumute war und immer noch ist. Meine Berufslaufbahn habe ich Mitte 2012 etwas früher beendet, zuvor war ich freiwillig aus dem Volkskultur-Tumult ausgestiegen. Mehr möchte ich dazu nicht sagen, weil mich der Gedanke daran noch schmerzt und durch politische Willkür vieles in Brüche gegangen ist. Es war vor allem die getrennten Zuständigkeiten von Volkskultur und Kultur, die der Sache nicht gut getan haben. Vor allem, wenn die Kultur-Schranken sich nicht nur aufs Budget beschränken, sondern im Kopf ausgebaut werden. Das war für mich nicht mehr akzeptabel und ich zog die Konsequenzen. Na ja, immerhin sind mir in den beinahe drei Jahrzehnten viele Vorhaben gelungen, die weit über die Steiermark hinaus Wirkung gezeigt haben.
Damals war Kulturarbeit noch ein Wagnis, welches mit Visionen begonnen und auf langjährige Zeit aufgebaut wurde. Gute Ideen brauchen auch eine Gewöhnungsphase und den Keim der Nachhaltigkeit. Ich denke da an die Aktion „Musik beim Wirt“ die nunmehr ganz Österreich, den süddeutschen Raum und die Schweiz überzieht, ebenso das „Büro für Weihnachtslieder“ mit dem deutlichen Aufruf, wieder selber zu singen und die Zeitschrift „Der Vierzeiler“ als Vorreiter des Transports des Vorhandenen, des Überlieferten.
Ich wühle in Erinnerungen und dabei lande ich bei Ihnen, meinem ersten politischen Chef, dem ich Jahr für Jahr meine Konzepte unterbreitet habe und mit dem es immer ein sehr offenes Gespräch gab. Das, obwohl Sie, sehr geehrter Herr Professor, kein älplerischer Traditionsträger waren und weder mit dem Jodeln noch mit dem volkstümlichen Geigenspiel aufgewachsen sind. Ja, das habe ich an Ihnen stets geschätzt, dass Sie neugierig waren, sich um mich gekümmert haben und mir in so vielen Dingen im Voraus vertraut haben.
Schließlich bin ich als gelernter Nähmaschinenmechaniker und Kaufmann nur zufällig ins Volksliedarchiv geraten und habe dann beginnen können, die Bestände zu ordnen und zu veröffentlichen. Ein Quereinsteiger halt, der zwar nicht vom Fach war, aber immerhin den Unternehmergeist mitbrachte.
Für diesen möglich gemachten Start Anfang der Achtzigerjahre danke ich Ihnen heute. Er ermöglichte mir eine sehr spannende Zeit als Volksmusikforscher, Verleger, Autor und Animator. Zuerst im Volksliedwerk und später an den Universitäten in Salzburg, Wien und Graz. Heute bin ich noch als Musiker tätig und als Journalist für verschiedene Zeitschriften und arbeite regelmäßig an meiner Bibliographie.
Immer wieder freue ich mich, Sie und Ihre liebe Frau bei Veranstaltungen anzutreffen und es erfüllt mich stets mit Dankbarkeit, dass ich damals Kulturpolitik von ihrer schönen Seite kennen lernen durfte.
Brief an den Kulturpolitiker Prof. Kurt Jungwirth, 9/ 2013; Grundsätzlich sind alle hier veröffentlichten Inhalte urheberrechtlich geschützt und sämtliche Rechte vorbehalten.