Styriarte: Ländler und Jodler in Stübing

Die Citoller Tanzgeiger in Aktion

Wehe, wenn sie losgelassen, dann sind sie unberechenbar und verführen zu merkwürdigem Verhalten: Friedliche Akademiker stampfen in den Tanzboden und introvertierte Bibliothekarinnen jauchzen in den blauen Himmel.

So manche Dame hält sich am Jägerzaun fest, um nicht aus Lust und Laune irgendein Mannsbild auf den Tanzboden zu schleppen. Das sind die Citoller: Sie spielen in die Füße und sind permanent dabei, Hemmschwellen mit einem sehr friedlichen Mittel nieder zu reißen. Mit Musik, die in ihrem Ursprung bereits Mittel zum Zwecke war, alle Lebenssituationen begleitete und einen Bestandteil des Lebens darstellte. Musik als Lebensmittel.

Unterhaltungswert und Informationsgehalt

Die Citoller Tanzgeiger sind eine handwerklich agierende Musikgruppe, die – bevor sie einen einzigen Ton spielt – den Zugang zu ihrem Publikum sucht und findet. In der großen Tradition österreichischen Musikantentums stehend, haben sie dies von den Altvorderen gelernt und für sich zurecht geschliffen. Ihr Repertoire ist ein Spiegelbild ihrer Begegnungen mit der genialen Musikalität der Träger solcher Traditionen. Es sind Menschen aus allen sozialen Schichten, die sich mit Liedern und Tänzen zu unterhalten wissen und auf ihren Instrumenten ihr Leben erzählen.

„Wenn niemand zu ihrer Musik tanzt, dann ist es so, alsob eine Köchin kocht und niemand isst.“ Damit ist alles gesagt und es kann angetanzt werden. Schon springt ein Musikant auf die Tanzfläche, um als Tanzmeister zu agieren. Es geht dabei nicht um den Erhalt des alten Kulturgutes, vielmehr um die Vermittlung von Unterhaltungswert. Die alten Tanzfiguren enthalten zudem Bewegungselemente, die den Tanzpaaren eine oft nicht mehr übliche Nähe und Übereinstimmung abverlangen.

Der Jodler: Die Überhöhung des Seins

Dem Jodler läuft ein Ruf voraus, den er nicht verdient. Ähnlich dem Edelweiß, wurde etikettiert, persifliert und vermarktet, sodass wir das Original nicht mehr erkennen. Jodeln ist zuallererst eine Gefühlwelt, die sich nach innen richtet. Die erzeugten Töne sind Befindlichkeit und das Zusammenspiel mit den weiteren Stimmen ein kunstvolles Spiel mit den Tönen, das sich in ungezählten Varianten abspielt. Für die Citoller Tanzgeiger ist das Jodeln eine Überhöhung des Seins. Es ergibt sich, wenn man sich alles gesagt hat. Andere aber an diesem Spiel teilhaben zu lassen, macht die Citoller zu Botschaftern ihrer Heimat. „Singen ist uns allen gegeben“ meinen die Musiker und ziehen ihr Publikum in den Bann. Wer da nicht Sehnsucht nach Mehr bekommt, ist nicht in Stübing gewesen.


Text für Programmheft Styriarte-Veranstaltung in Stübing, 7/2010; Grundsätzlich sind alle hier veröffentlichten Inhalte urheberrechtlich geschützt und sämtliche Rechte vorbehalten.