Steirisch…vom Mythos bis zur Marke

Steirisch ist die Steiermark, sind die Steiermärker, steirisch klingt auch deren Mundwerk. Wie etwa die Wiener sich wienerisch fühlen, so meinen wir mit Steirisch ebenso unsere Lebensart, als ob das Steirische als Blutgruppe nachweisbar wäre. Der Steirer – Mythos ist eher Teil einer langen Geschichte, einer teils tragischen Geschichte.

Ebenso liegt ihm eine Bündelung von Begünstigungen zugrunde. Derer – von zauberhaften Landstrichen bis zum herzhaften Menschenschlag und herausragenden Dichtern und Denkern – gab und gibt es allzeit genug. Zumal ist es aber schon ein Vorteil für die Mythenbildung, wenn sich der markige Landesname vielfach als Attribut beifügen lässt: Die Steirertänz, der Steirerhut und das Steirergwand. Kein Wunder, dass die Marke zieht. Nicht alle Ländernamen lassen sich auch so leicht wortwandeln, wie sich der Kas zum Steirerkas, das Lied zum Steirerlied fügt. Sprechproben – bitte versuchen Sie es doch – führen in vielen Fällen zu Zungenbrechern.

Die „Jetzt aber erst recht“ – Überlebensformel

Von wegen tragischer Geschichte: Mythen leben weniger von den tragischen Ereignissen und Rückschlägen, als vom trotz alledem Aufrichten und Bezwingen der Nöte. Mag sein, dass die Steirerinnen und Steirer ihre markigen Gefühle aber gar nicht an Geschichtsbewusstsein knüpfen. Erst eine Spurensicherung lässt uns die Zusammenhänge erahnen, sie webt ein Beziehungsgeflecht von der längst vergangenen Bedrängnis bis zum heutigen Selbstbewusstsein. Schon deshalb ist Stefan Karners Beitrag einer, der in unsere Tage, in uns selbst und letztlich in unsere Musik hineinspielt. Wer weiß, vielleicht hat das Hineinstampfen in den Tanzboden seinen Ursprung in der oftmals verwendeten „Jetzt aber erst recht“ – Überlebensformel?

Mit Herz und Hirn pointiert gestichelt

Fritz Ascher wiederum nimmt den Patrioten aufs Korn, spielt mit ihm und stichelt mit spitzer Feder so lange, bis er zur Erkenntnis gelangt, dass der künftige Steirer ein mehrfacher Patriot sein wird. Gleich neben dieser satirischen aber findet sich die herzhafte Huldigung aus der Nachbarschaft: Regina Fanderls liebevoller Brückenschlag vom Chiemgau ins Steirerland. Was wäre aber alle Hingabe in Wort und Bild ohne die Kenntnis über das Entstehen von Marken und Etiketten, die uns Hannes Martschin präzise vor Augen führt. Und – Wolfram Märzendorfer seziert die Steirer. Nein, nicht die Menschen sondern die tausendfach überlieferten Tänze. Er und übersetzt die dabei entdeckten Besonderheiten in seine Sprachbilder: Eine Melodie die fortschreitet und zugleich zurücklehnt…

Zurücklehnen und tiefer denken…

Jetzt also zurücklehnen und zugleich ein Stück tiefer denken, den Vierzeiler zum Anlass nehmen, um das verwirrende Gefüge zu durchforsten, aus dem das Steirische gemischt ist. Nehmen Sie diese Ausgabe durchaus als kleinen Beweis einer impulsiven Kreativität der Steirerinnen und Steirer. Da gehören die vielen Veranstaltungsangebote und Volksliedwerk-Produkte ebenso dazu wie die Nachrichten von neuen Initiativen und von einem neuen Interesse an unseren Traditionen.

Überheblichkeit oder Stolz?

Dass sich steirische Unternehmen, steirische Künste, steirische Produkte unter einem Etikett mit dem Steirerhut, dem Steirerlied und der Steirermusik finden, zeugt von Markenkraft, die sich auch in unseren Köpfen festschreibt. Wer sich aber im Kopf genug Platz für ein umfassendes Weltbild reserviert, mag sein Steirerherz gerne am rechten Fleck tragen. Steirisch ist `s auch, wenn der Mythos unsere liebevolle Pflege erfährt, wenn wir uns mit Stolz und nicht mit Überheblichkeit auf die Brust klopfen. Wie viel Steirisch wir vertragen, lässt sich beim besten Willen nicht ermessen, wir sollten aber auf das Zwinkern nicht vergessen.


Der Vierzeiler, Leitartikel Zum Titelbild und Thema, 24. Jahrgang, Nr. 3/ 2004; Grundsätzlich sind alle hier veröffentlichten Inhalte urheberrechtlich geschützt und sämtliche Rechte vorbehalten.