Jetzt erst recht: Der Liedersammler-Notruf

Steirisches Volksliedarchiv braucht dringend Unterstützung der Bevölkerung

Eine Vorzeigeinstitution ist in Nöten. Wie gibt’s denn das, wo doch das Steirische Volksliedwerk eine beispielhafte Entwicklung in Fragen der Pflege von musikalischen Traditionen eingeleitet hat. Das Steirische Volksliedwerk hat einen guten Namen und das nicht nur bei den Steirerinnen und Steirern selbst.

Die österreichischen Bundesländer und das benachbarte Ausland profitiert von dem agilen Unternehmen, das in Fragen der Volksmusikpflege völlig neue Wege beschritten hat.

Und nun der Hilferuf

Gefährdet ist die Aufarbeitung der eingehenden Belege ebenso wie jener, die schon jahrelang auf Bearbeitung warten. Die Fülle ist erfreulich, doch sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter längst an den Grenzen der Belastbarkeit angelangt. Vielen Hinweisen auf Lieder und anderen Kostbarkeiten des musikalischen Brauchtums kann nicht mehr nachgegangen werden und das ist bedauerlich. Volkslieder sammelt man ja nicht solange, bis alle aufgezeichnet sind. Volksliedsammlung heißt auch, die gegenwärtige musikalische Verfügbarkeit zu untersuchen, sie zu dokumentieren. Das ist eine Pflichtaufgabe, die nicht nach Belieben gemacht oder nicht gemacht werden kann.

Notruf: Ihr Volksliedwerk ist in aller Munde. Haben die Politiker versagt?

Nein, an den Politikern liegt es nicht, sie haben stets ein offenes Ohr und die Volkslied-Verantwortlichen haben zu allen Parteien eine gute Gesprächsbasis. Sie wissen die Arbeit durchaus zu schätzen. Vieles was politisch versprochen ist, kommt jedoch ohne Vehemenz und Bettelei nicht zum Umsetzen. Das heißt Doppelbelastung: Zuerst den Politiker überreden und dann um die Umsetzung betteln. Weder personell noch finanziell, noch ideell gibt es da einen Rückhalt. Wer den längeren Atem hat, kommt zu einem Ergebnis. Sollten sich die Mitarbeiter aber nicht doch den inhaltlichen Fragen widmen?

Was soll mit diesem Aufruf erreichen werden?

Viele Steirerinnen und Steirer schätzen dieses Engagement und würden gerne einen Beitrag dazu leisten. Bislang haben es viele Menschen nicht gewusst, dass die nach außen hin schöne und fröhliche Volksliedwerk-Arbeit im betrieblichen Innenleben nur aus Krampflösungen besteht. Man kann aber nicht ewig wursteln. Jetzt werden alle benötigt, denen ein neues Verständnis für musikalische und poetische Traditionen ein Anliegen ist.

Ist das nicht eine sehr kleine Gruppe von Menschen?

Nein, denn längst ist ein neues Verständnis für Tradition entstanden. Zu den Mitdenkern und Anhängern zählen nicht nur Traditionalisten, sondern ebenso Menschen, denen der Slogan gefällt: Das Leben zum Klingen bringen. Von Engstirnigkeit ist hier nichts zu sehen, die Sehnsucht kennt eben keine Grenzen.

Der Aufruf und das gesetzte Ziel

10.000 Mitglieder (jetzt sind es 3.500) würden es ermöglichen, allen Hinweisen nachzugehen, in den nächsten Jahren gezielte Forschungsarbeit zu leisten. Es gibt nichts Positiveres, als die Finanzierung durch jene, die ihr Interesse zeigen. Bislang erwirtschaftet der Verein Volksliedwerk mit seiner Volksliedwerk Verlags GmbH etwa 50% des Gesamtaufwandes. Das müsste dem Land Steiermark eigentlich gefallen und zum Handeln bewegen. Sagen wir es so: Wenn auf einer Baustelle gut gearbeitet wird sollte man statt einer Schaufel gleich ein Dutzend zur Verfügung stellen.


Hilferuf in einem Pressetext verpackt für an Kleine Zeitung und Steirerkrone 2002; Grundsätzlich sind alle hier veröffentlichten Inhalte urheberrechtlich geschützt und sämtliche Rechte vorbehalten.