Mei Schåtz is mei Schicksål

Vielleicht stelle ich über meine Wortmeldung die Schlagzeile „Das Leben und die Konserve“ und erbitte Ihre Aufmerksamkeit, wenn ich darüber etwas sinniere, weil die Versuche des Konservierens schon allzu oft gescheitert sind und eine Institution wie das Steirische Volksliedwerk zuallererst dem Original verpflichtet ist mit all seinen Mängeln, seiner Unberechenbarkeit und – Faszination.

An Konserven stellt man zwei Anforderungen

Sie soll Ersatz sein für das Original, möglichst nahe rankommen an die Wirklichkeit, also an das 1:1 und: Konservieren heißt auch „haltbar machen“.

Dies ist ein schönes Ansinnen und im breiten Feld der Musikgattungen durchaus erreichbar. Die Volksmusik macht hier eine Ausnahme. Sie ist Ausdruck einer besonderen Verbindung des Menschen mit der Tonkunst, gepaart mit dem Gebrauch von Melodien als Lebensmittel. Das musikalische Werk ist der erklingende Körper. Der konservierte Ersatz von Volksmusik kann nur die Musik als einen Teil des Ganzen meinen, nicht aber den Menschen, denn von jedem Menschen gibt es eben nur ein Original.

Wer jemals frisch gefischte Sardinen am Rost gebraten und gegessen hat, wird nicht verstehen, warum man die in eine Blechdose gedrängte ölige Masse überhaupt noch Sardinen nennt.

Zum „Haltbar machen von Musik“

Dies entspricht dem Trend, alles überall und jederzeit zur Verfügung zu haben und wir nehmen dabei gerne Abstriche in Kauf. Jede Hausfrau kennt den Unterschied zwischen dem Frischen und dem Eingemachten. Wie sehr die Konservierung von Musik bereits eine Einschränkung darstellt, sagt das Wort „Tonträger“ ganz deutlich. Sie werden jetzt fragen:

Warum also diese klingenden Kostbarkeiten auf CD?

Weil das Zusammenspiel zwischen der Volksmusik und der Konserve bisher als kaum gelungen eingestuft werden muss. Allzu sehr wurden die Kriterien des Toningenieurs und kaum jene des Trägers musikalischer Traditionen erfüllt.

Es reizt uns also, die bessere Konserve zu machen, dem Original näher zu kommen, weil wir als Forscher nicht nur die Lieder, sondern auch den Küchenduft der Sängerin kennen, so quasi Musik hören, riechen und fühlen lernten. Das Einfangen von Volksmusik ist ein Spiel mit den technischen Finessen unserer Zeit, eine Gratwanderung zwischen Haltbarmachung und Lebendigkeit. Darin liegt ein hohes Maß an Verantwortung.

Der Weg, der mit der CD-Reihe „Musik der Regionen“ beschritten wurde, mit diesem Weg kann sich auch der Volksliedforscher identifizieren. Die Wirklichkeit braucht keine Behübschung, keinen Sound, sondern mehr denn je den persönlichen Zugang. Diese CD soll anregen, sich selbst – als Original – einzubringen. Mit dieser CD ist der Mythos von kommerziellen Tonproduktionen entzaubert.


Ansprache anlässlich der CD-Präsentation im Rahmen der Landesausstellung mit dem Titel „Schatz und Schicksal“ in Mariazell. 7/ 1996; Sätze und Gegensätze, Band 10/ 1999; Grundsätzlich sind alle hier veröffentlichten Inhalte urheberrechtlich geschützt und sämtliche Rechte vorbehalten.