Steyerische Tänze

Ein Ereignis wirft seine Schatten voraus: Das Erscheinen des ersten steirischen Beitrages zum gesamtösterreichischen Publikationsprojekt CORPUS MUSICAE POPULARIS AUSTRIACAE, in der langjährigen Vorbereitungsphase kurz COMPA genannt. Um was handelt es sich?

Vorbilder sind die personifizierten Sammelbände

Um die längst fällige Gesamtdarstellung der musikalischen Volkskultur in Österreich. Die Besitzer von Volkslied und Volksmusik haben eine Gesamtausgabe ihrer Lieder und Tänze nicht nötig – sie sind die personifizierten Sammelbände. Gesamtausgaben sind jedoch im Bereiche der Hochkunst Pflichtübung der Wissenschaftler und Historiker. Das Sammelwerk COMPA ist eine kulturpolitische Aufgabe, ein Akt der Ehrerweisung einer musikalischen Gattung gegenüber, die Kraft ihrer Verwurzelung und Lebensnähe sich im kühlen Schatten der Hochkunst ihre Frische erhält.

Unser „Vierzeiler“ widmet sich diesem Ereignis, denn wir erscheinen noch heuer mit dem Band „Steyrische Tänze“, dem ersten von insgesamt 18 geplanten steirischen Bänden. unter „Steyrische“ sind jene achttaktigen Ländler gemeint, die in unzähligen Handschriften auf eine Hochblüte dieser Spezies im vorigen Jahrhundert hinweisen. Dieser „Vierzeiler“ ist die Vorankündigung dieses wissenschaftlichen Werkes.

Vom Schatten in die Sonne treten

Wir bieten unsere Leserschar erste Informationen zu dieser prächtigen Ausgabe, übermitteln die Begeisterung mit der unsere Mitarbeiterin Mag. Annemarie Gschwantler an den Vorbereitungen arbeitet und sehen uns nach den „Steyrischen“ in Kroatien und in Amerika um. Dass eine musikalisch-spezifische Form auch einem Wandel unterworfen ist, beweisen die Wortmeldungen von Musikanten, die „Steyrische“ auch heute noch spielen. Harald Pfeffers ausgeführte Gedanken weisen auf die Diskrepanz zwischen gelebter und gepflegter Volksmusik hin. Allen Autoren und Mitarbeitern an dieser Ausgabe sei herzlich gedankt.

Vom Schatten in die Sonne treten – so formulieren wir diskret unser Anliegen, Bezieher des Vierzeilers als Mitglieder zu gewinnen. Im Klartext: Seit Jahren versenden wir tausende Exemplare kostenlos – als Dienst am Kunden. Nunmehr möchten wir Sie einladen, Mitglied zu werden oder aber bitten, eine Abbestellung vorzunehmen. machen Sie uns bitte die große Freude, die erste Möglichkeit wahrzunehmen. Für uns bringt diese Maßnahme Arbeitseinsparung, bessere Finanzierbarkeit und wir können in kleinerer Auflage mehrmals erscheinen. Wer will unter diesen Umständen noch im Schatten verbleiben?

Der Schatten – zu Unrecht zum Schattendasein erklärt

Auf der zuletzt abgehaltenen Jahreshauptversammlung des Steirischen Volksliedwerkes lag – im Gegensatz zum anschließenden vergnüglichen Ball – ein Schatten. Einigkeit ist halt ein frommer Wunsch und nicht immer in jeder Hinsicht zu erzielen. Erfreulich ist, dass aus diesem Schatten ein neuer Vorstand herausgetreten ist, in den wir große Hoffnungen setzen. Hans Martschin – den wir im Interview vorstellen – hat die Geschicke unseres Vereines in die Hand genommen.

Übrigens: Zu Unrecht hat der Schatten eine negative Bedeutung, die sich erst bei hohen Temperaturen ins Gegenteil verwandelt. Auf welche Seite wir uns schlagen? Silhouette müsste man abgeben, Sonniges genießen und Schattiges spenden, gleich dem ewigen Tanz um die kleinen Vorteile, um Ausgewogenheit im Geben und Nehmen. Auch ein steirischer Tanz?


Der Vierzeiler, Leitartikel zum Titelbild und Thema, 14. Jahrgang, 6/1994; Grundsätzlich sind alle hier veröffentlichten Inhalte urheberrechtlich geschützt und sämtliche Rechte vorbehalten.