Spielen Volksmusik-Zeitschriften eine Rolle?

Nichts überholt sich so schnell als die Ankündigung, dass etwas erscheinen werde. Je älter eine solche wird, desto kurioser erscheint sie einem. Was für eine Kraft steht aber hinter diesem angekündigten Vorhaben, welch ein Wille ein enormes Sendebewusstsein kann man aus dieser Ankündigung ableiten?

Wir (Pommer und Fraungruber) haben Euch demnächst – nämlich Mitte Oktober 1899 – noch weiteres zu sagen! Daraus resultiert die Absicht, sich mitzuteilen, seine Aussagen zu vervielfachen. Die älteste aller Volkslied-Zeitschriften, nämlich „Das deutsche Volkslied“(1) ist Pflichtlektüre, bevor wir uns dem gestellten Thema „Volksmusik-Zeitschriften“ annähern. Mit dem – in diesem Fall – fast erreichten Jahrhundertabstand wächst auch das Interesse.

Wir erfahren, wer alles sich schon vor uns die gleichen Fragen gestellt hat und wie diese Fragen unter anderen Umständen anders oder gleich beantwortet wurden. Zusätzlich zu den zahlreichen Fachbeiträgen sind es aber die kleinen, vorerst unbedeutenden Nachrichten, Veranstaltungstermine und Vereinsbeschlüsse, die Einblick gewähren und uns zu Zeitzeugen machen. Als eine wahre Fundgrube erweist sich in dieser Hinsicht die „Denkschrift zur Feier des 25-jährigen Bestandes des Triester Männergesangsvereins (1886 – 1911)“ die als Chronik verfasst,(2) ebenso Lebensbild als auch Musikleben vermittelt.

Das Seiten – und das Saitenspiel

Zeitschriften sind daher auch die Chroniken unseres Tuns, sie sind die schriftlichen Begleiter unseres Handelns und unserer Absichten – meist geboren aus der Erfahrung, nicht verstanden zu werden. Die Entscheidung, sich schriftlich zu äußern kommt also nicht von ungefähr. Über etwas zu reden ist die nicht unbedeutende Steigerung von „über etwas zu plauschen“.

Etwas zu drucken ist aber die mutige Verpackung der Gedanken. Im „Sich festlegen müssen“ liegt der besondere Auftrag nach Gewissenhaftigkeit, der – und das wissen alle Autoren – das vorbereitete Wissensmaterial und die Mitteilungsabsicht noch gewaltig verändern kann. Also – Zeitschriften machen (übrigens auch Musikmachen), das erfordert Kreativität. Das Seiten- und das Saitenspiel faszinieren immer wieder von Neuem.

Zeitschriften machen erfordert Kreativität

„Der Vierzeiler“ hat nun eine kleine Umfrage im Blätterwald gestartet und bringt in dieser Ausgabe eine Auswahl der Stellungnahmen. Ich danke an dieser Stelle den Redakteuren, die uns geholfen haben, diese Überschau zusammenzustellen. Für uns selbst war die Beschäftigung mit den gestellten Fragen sehr lehrreich. Wir suchten nach gemeinsamen Nennern. Vielleicht ist gerade diese intensive Behandlung „in eigener Zeitungssache“ einem besseren Umsetzen unserer Absichten nützlich.

Und wie ist das mit dem „Änderungen vorbehalten?

Wer nun meint, dass man ein solch klingendes Thema wie die Volksmusik nicht zu sehr theoretisieren soll, dem geben wir gerne recht. Immer schon waren es aber die unbeschreiblichen Dinge, die uns animiert haben, dafür die rechten Worte zu finden. Wofür sollen wir uns denn entscheiden, für Gedrucktes, Erlebtes oder Erdachten? Nein, kein „oder“ soll sie trennen: Was wäre Volksmusik ohne Erlebtes- und gar ohne Erdachtes? Und Gedrucktes? Dieses ist letztendlich keine Festlegung, aber die Festigung des Gemeinten. Die Randbemerkung „Änderungen vorbehalten“ ist demnach keine Schande, sondern eine Tugend.

Anmerkungen:

(1) „Das deutsche Volkslied“, Josef Pommer, Hans Fraungruber u.a., Zeitschrift für seine Kenntnis und Pflege. Herausgegeben vom Deutschen Volksgesangsverein, Wien 1899 – 1949
(2) Georg Maier: „Denkschrift zur Feier des 25-jährigen Bestandes des Triester Männergesangs-Vereines“, Im Verlage des Triester Männergesangs-Vereines, April 1911


Der Vierzeiler, Leitartikel zum Titelbild und Thema, 10. Jahrgang, 3/1990; Gekürzt in: Sätze und Gegensätze, Band 10/ 1999; Grundsätzlich sind alle hier veröffentlichten Inhalte urheberrechtlich geschützt und sämtliche Rechte vorbehalten.