Das Ranzengilet

Die surreale Tradition

Die Hanflederne – mit ihrer traumhaft-angenehmen Trage-Eigenschaft – ist eine surreale Fata Morgana der Hirschledernen und sie hat schnell ihren Platz im Sortiment gefunden. Genau so ist es mit dem Ranzengilet für den Mann und dem Ranzenjanker für die Frau. Sie sind eine reale, aber nicht weniger poetische Weiterentwicklung des traumwandlerischen Umgangs mit unserer Tradition.

Der surreale Aspekt hielt in den 20-iger und 30-iger Jahren seinen Einzug in die Mode, besonders durch Elsa Schiaparelli und ihre Künstlerfreunde Dali, Cocteau, Picasso, Bérard, welche für sie und mit ihr Entwürfe gemacht haben. Als Beispiele seien die auf Kleidern gemalten Hummer, die vorgetäuschte Intarsienstrickerei auf Blusen und Cocteaus griechische Vasenstickereien auf dem Kleiderrücken genannt.

Zur gleichen Zeit befasste sich in Henndorf bei Salzburg Carl Mayr, der Bruder des berühmten Kammersängers Richard Mayr, und « Erfinder » des Henndorfer Dirndls mit ähnlichen surrealen, täuschend-echten Trachtenentwürfen, bei denen z.B. die Ranzen in Jacken und Gilets mit Hilfe von Platt-, Perlen, Applikationsstickerei integriert wurden.

Beim Gössl-Ranzengilet stecken zwei Teile in einem: Das Gilet aus Tuchloden und der auf Loden mit sehr reicher Stickerei umgesetzte Federkielranzen. Das Gilet ist im Gebrauch ein Einteiler und dennoch optisch als reicher Zweiteiler zu erkennen. Ebenso verhält es sich beim Ranzenjanker der Frauen.

In beiden Fällen geht es um eine sehr aufwändige Handarbeit, die ihre Kraft aus der Erfahrung von Generationen schöpft und bei Gössl wieder zu Ehren kommt. Zudem verbindet sich hier die Kostbarkeit der Verarbeitung mit einem besonderen Tragegefühl. Der Janker imponiert durch seine Passform und der Ranzen bündelt und hält zusammen. Augenblicklich unterwirft man sich einem neuen kompakten Gefühl und überträgt dieses auf jeden Schritt. Auch auf dem Weg zum Tanzboden:

Beim Hirschen wird heut tanzt ganz wild,
da passt der Henry in das Bild
mit seiner feschen Bernadette
rast er über die Parkette

oder:

Mit dem Gilet aus feinem Linnen
im Herzen schon das Feuer drinnen
wartet ER auf SIE mit Blumen
während schon die Geigen summen

oder:

Mit dem Gilet aus feinem Linnen
im Herzen schon das Feuer drinnen
wartet er mit Blumen hinterm Rücken
da kommt wie – er tut sie an sich drücken


Storytelling (deutsch: „Geschichten erzählen“) ist ein Mittel, um für Produkte oder deren Materialien, ebenso aber auch für handwerkliche Besonderheiten rhetorisch verpackt zu werben. Texte für das Gwandhaus in Salzburg; 1444 steht nicht für eine Jahreszahl sondern für das Entstehen der Texte in den Jahren 2008 bis 2014; Grundsätzlich sind alle hier veröffentlichten Inhalte urheberrechtlich geschützt und sämtliche Rechte vorbehalten.