Kleiner Ratgeber für Ballbesucher und Ballveranstalter
„Marsch ins Bett“ – so hieß es früher, als wir noch Kinder waren und uns die Mutter dieses „zu Bett Gehen“ mit der Einladung zum „Federnball“ schmackhaft machte, während die große Schwester im Abendkleid das Haus verließ.
Heute üben viele Erwachsene Enthaltsamkeit und legen sich lieber in die Federn, als einen der vielen Bälle zu besuchen. Eine allgemeine Ballmüdigkeit breitet sich aus, so klagen die Veranstalter und werfen alsbald das Handtuch. Ist das so? Und wenn ja, warum?
Der Ball – ein Teil unserer Feierkultur
Bälle sind zuallererst ein Ort der Begegnung. Sie sind eine Krönung der Gemeinsamkeit im Orts- und Vereinsleben, zumal auch eine Gelegenheit, um die Vereinskasse aufzubessern. Freilich gelingt dies nur, wenn kräftig mitgeholfen wird, vom Kartenvorverkauf bis hin zur Auswahl der richtigen Musik. Die vielen ländlichen Bälle sind zuallererst gesellschaftliche Ereignisse. Sie sind Ausdruck einer besonderen Feierkultur, die Lebenssituationen, übernommene Strukturen und Standesunterschiede harmonisiert. Der nachmittägliche Friseurbesuch also und das Anlegen der allerfeinsten Garderobe – beides dient dem Ausstieg aus der Alltäglichkeit. Frisch geschneuzt und straff gebügelt verlässt man das traute Haus für eine Nacht, um im Morgengrauen wieder dorthin zurückzukehren.
Halt: Da ist nicht nur Lust am Feiern im Spiel! Nein, da gibt es auch kleine gesellschaftliche Verpflichtungen innerhalb eines Gemein- oder Vereinswesens. Man zeigt seine Zugehörigkeit und übernimmt mit Eintrittsgeld und Sektkonsum anteilige Kosten an der Lustbarkeit. Zumal ist`s auch ein Gegenbesuch im Nachbarort oder beim Konkurrenzverein, aber es gibt auch ganz persönliche Gründe: Er ist auf Brautschau oder sie ein ausgesprochener Tanzkittel, vielleicht möchte man aber auch wieder einmal seine Lieblingsband hören? Das alles zusammen müsste die kleinen und großen Ballsäle zum Bersten bringen.
Warum also Ballmüdigkeit?
Da gibt es scheinbar eine Überforderung: Wenn in unserer Gemeinde jeder Verein einen eigenen Ball ausrichtet, ist dies nicht nur eine körperliche Überforderung sondern auch eine terminliche und eine fürs Geldbörsl. Fazit: Schlecht besuchte Bälle, Defizit statt Gewinn, viel Arbeit mit wenig Wirkung. Vom Zusammenspiel zwischen Aufwand, persönlicher Verpflichtung, gesellschaftlichem Nutzen und purer Lustbarkeit bleibt nur mehr das Pflichtgefühl und die Erkenntnis: Außer Spesen nichts gewesen.
Da wäre das Zusammenwirken mehrerer kleiner Vereine gefragt, das ergäbe weniger Balltermine, vielleicht sogar unerwartete Synergien und wieder mehr Stimmigkeit.
Es gibt aber auch andere Rahmenbedingungen, die zum Gelingen einer Ballveranstaltung beitragen. So etwa das Ambiente eines gastlichen Hauses, die Wirtsleute – nämlich die mit der rechten Freude an der Kundschaft – das kulinarische Angebot und – die Musik. Die Letztreihung der Musik soll nicht missverstanden werden. Sie kann einen wesentlichen Anteil haben, kann sogar fehlende Kriterien wieder gutmachen. Ihr kommt aber zuallererst eine dienende Rolle zu, sie ist der Überdrüber-Faktor, wenn die Menschen mit ihrem Ballereignis mitleben und die Sehnsucht nach Gemeinsamkeit und Unterhaltung erfüllt ist. Dabei gilt die Faustregel: Lautstärke ist noch nicht gute Stimmung! Eine gute Musik ist zwar ein echter Grund einen Ball zu besuchen, die beste Musik kann aber einen Gutteil des oben beschriebenen Unterhaltungswertes mindern, wenn – durch den Lautstärkepegel – jede Unterhaltung unterbunden wird. Wie hört man es oft: „Mir san båld hoamzua, mir håben nix mitnånd redn kennan“.
Zuguterletzt: Wir selber…
Machen wir uns unsere Unterhaltung mit jenen Menschen, die zu uns gehören und die uns in Freundschaft besuchen, denn die Stimmung wächst nicht mit der Größe einer Veranstaltung, nicht mit dem Dröhnen der Boxen und den schmutzigen Witzen vom Conferencier. Sie wächst aber mit unserem Beitrag, mit unserem Interesse an einem über unser Berufsleben und den Alltagstrott hinausragenden Umgang mit den Nachbarn und Freunden. Der Tanz ist eröffnet…
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