Sie sind ein Zeichen von Hochkultur und damit meine ich nicht scherzhaft die Seehöhe einer Alm, weil dort die Almlieder zuhause sind. Das Wort Hochkultur bezieht sich auf die beinahe unerschöpfliche Liedauswahl und einer heute noch erlebbaren Praxis des freien Singens auf der Alm. Dabei sind die Lieder von der Sennerin, vom Holzknecht, vom Jäger und seinem Widerpart, dem Wildschützen beinahe das Schönste was der Mensch mit seinem Hang zu Poesie und Melodie je entworfen hat. Nur die geistlichen Lieder nehmen ihnen den Rang ab, weil die Volksfrömmigkeit noch eine Nuance an Tiefe erreicht. Beide – die Almlieder und die geistlichen Lieder – sind nicht weit voneinander entfernt. Es sind ja die Alm- und Haltermessen, die alljährlich so viele Menschen veranlasst, ihrer Alm einen Besuch abzustatten, das Göttliche und das Weltliche gleichermaßen zu genießen.
Die schönste Form der Abgehobenheit
Längst wissen wir um den Wert unserer Almen und vom Gefühl der Abgehobenheit, wenn wir über den Talboden hinaus aufsteigen in die klare Welt der Unbilden, wo noch die Natur beherrscht – und nicht umgekehrt. Tief unten aber lassen wir die Alltäglichkeiten des schnöden Lebens zurück, den Ungemach im Umgang mit Fakten und Zahlen. Ja, da sind wir gesegnet auf dem Weg nach oben, wo wir selbst zur Kleinigkeit werden und im Gewitter unter dem Dachfirst „Schau schau, wias regnan tuat“ singen dürfen.
Lieder wie Kochrezepte sammeln
Und nun mögen die Lieder in kleinen Portionen wieder zu Ihnen finden, eine Anregung sein, selber zu klingen oder gar eine Strophe dazu zu lernen. Die Lieder sollten sie also ausschneiden, wie es die Hausfrauen gerne mit den Kochrezepten aus der Tageszeitung tun. Das Sammeln gehört schließlich zur ursprünglichsten Profession des Menschen. Und ganz wichtig: Sie sind der redaktionellen Auswahl nicht ausgeliefert, nein, Sie sollten selber auch etwas beitragen. Wenn wir etwa Ihr Lieblingslied noch nicht gedruckt haben oder aber, wenn so manches Lied in Ihrer Region anders angestimmt wird oder einen anderen Text aufweist: Machen Sie sich bitte die Mühe einer Rückmeldung.
Nur ein Sprung zum Göttlichen
Die hier begonnene Reihe ist ein deutliches Zeichen dafür, dass es sich bei unseren Almen nicht nur um ein landschaftliches, sondern auch um ein kulturelles Kleinod handelt. Und noch etwas: Gemeinsam zu singen ist auf der Alm um vieles leichter, weil es nur einen Sprung weit zum Göttlichen ist…
Beitrag für die Zeitschrift „Der Alm- und Bergbauer“ als Ankündigung einer regelmäßigen Veröffentlichung von Liedern oder Jodlern pro Ausgabe, Tirol 2016. Grundsätzlich sind alle hier veröffentlichten Inhalte urheberrechtlich geschützt und sämtliche Rechte vorbehalten.