Warum denn so laut?

Also bitte! Wir fordern niemanden auf, sich mit einer Kombizange auszurüsten, um gegebenenfalls („schnipp schnapp“) die Leitung zu unterbrechen.

Nein, wir suchen zuallererst einmal Gleichgequälte und fordern auf, eine bessere Welt anzustreben, eine akustisch annehmbare. Es geht auch darum, Euch alle zu ermuntern, gelegentlich höflich um Ruhe zu bitten, sich auf die sympathische Art durchzusetzen. Ja, unsere Verantwortung beginnt nach dem Ende der Stille. Wir haben diese Verantwortung zu wenig wahrgenommen, so scheint es, denn die Töne haben uns längst im Griff, wir schwimmen in einer Geräuschkulisse und haben keine Ahnung mehr, wie sich das Drehen der Weltkugel im Originalton anhört.

Wir sind unverbesserliche Weltverbesserer

Und nun nehmen wir es uns heraus, den Finger auf diese Geräusch-Unkultur zu richten. Warum eigentlich? Gerade im Bereich des Volksliedsingens und -musizierens haben wir ja kein Lärmproblem. Fest steht vielmehr, dass unser Tun geradezu die sinnvollste Gegenwelt zur unerträglich gewordenen Lautstärke und der Dauerberieselung darstellt. Warum also gerade wir?

Weil wir Weltverbesserer sind, unverbesserliche. Das Musik-Lärm-Problem geht uns alle an und es gibt keinen Grund sich am Verkommen von Musik vorbeizuschwindeln. Wir sollten uns nicht zurücklehnen in den „Stade-Weis-Lehnsessel“. Was bringt das Suhlen im Volksmusikkreis, das Zurückziehen in das balkon- und kopfverbretterte Musikzimmerchen? Es geht uns um Veranstaltungs- und Begegnungskultur, um mehr Lebensqualität und wie bei allen Dingen um das rechte Maß. Also reden wir über die künstlichen Zwänge und unsere Hilflosigkeit, über die Sättigung, die uns keinen Ton mehr abverlangt, die Einsamkeit inmitten eines Höllenspektakels.

Die Neuauflage der eigentlichen Bedeutung von Musik

Haben wir uns zuviel zugemutet? Nein, es war geradezu lustvoll einen „Vierzeiler“ diesem Thema zu widmen, Erfahrung und emotionale Wortspenden zu sammeln und sie nun gebündelt dem Leserkreis mitzuteilen. Wir hoffen, dass unsere Argumente gut ankommen, zum eigenen Handeln verführen und dass damit auch die schönere Bedeutung des Wortes „Musik“ eine Neuauflage erfährt.

Gedankensprung: Auch uns hat der Regierungswechsel nicht ganz unberührt gelassen. So legen einerseits unsere Partner im „Europeen Network of traditional Music and Danc“ – mit Sitz in Frankreich – großen Wert auf eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit mit uns. Und im Zuge des Schlagabtausches zwischen Künstlern und der Regierung sind wir auf einen verbalen Ausrutscher gestoßen, er ist zumindest erwähnenswert. Der Intendant der Salzburger Festspiele, Gerard Mortier fürchtet, dass das eben genannte Festival nun zum Jodelfest verkommt. (Kleine Zeitung 13.2.2000)

Der saloppe Sager eines Musikgebildeten

Nun fühlen wir uns als begeisterte Jodlersammler und Jodlersänger keinesfalls auf den Schlips getreten – (den wir beim Jodeln wegen der unbequemen Einengung gar nicht schätzen). Wir verstehen auch, dass es in jeder Auseinandersetzung das Mittel der Überzeichnung gibt und alles nicht so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Trotzdem hat uns der saloppe Sager eines Musikgebildeten überrascht. Er dient nur der Festigung der längst überholten Aufteilung zwischen Volks- und Hochkultur, einem Mauernaufziehen in einem Bereich, der seit eh und je von gegenseitiger Nähe profitiert hat. Die unterste Lade hat er also als Vergleich für den befürchteten Niedergang herangezogen, auf der „Jodeln“ stand. Wir verzeihen gerne und haben dem Intendanten einen Platz beim nächsten Jodelkurs reserviert.


Der Vierzeiler, Leitartikel Zum Titelbild und Thema, Jahrgang 20, 1/ 2000; Grundsätzlich sind alle hier veröffentlichten Inhalte urheberrechtlich geschützt und sämtliche Rechte vorbehalten.