Zum Ableben von Lois Blamberger

Oberbergmeister in Ruhe, Bad Ischl

Der Ischler Oberbergmeister Lois Blamberger hat uns für immer verlassen. Lois Blamberger war uns jüngeren Geigern aus der Steiermark vor allem durch die Rolle zugetan, die er jahrelang und von Anfang an am Steirischen Geigentag inne hatte.

Dieser Geigentag, der – so die Absicht der Veranstalter – die Begegnung zwischen Könnern und Lernenden fördern sollte, hat gerade durch die Person Blambergers eine überregionale Bedeutung erlangt. Er war Vermittler vieler Melodien und Garant für eine tief erlebbare Form der Vermittlung, die für viele jugendliche Musikanten mehr bedeutete als bloße Speicherung einer Melodie. Das Erstaunliche: Sein Erfolg war keine Frage einer neuen Methodik, es bedurfte auch keiner neuen Melodien.

Ein Bild für Götter

Da saß er, der Lois, in seiner kurzen Lederhose, stemmte die Geige unter sein Kinn und stütze seine linke Hand auf den Biertisch, seinem gegenüber sitzenden Lehrling entgegen. Den Bogenstrich knapp zwischen Tischkante und Sessellehne bemessen, spielte er zwei Töne eines Jodlers an und gab währenddessen mündliche Anweisungen mit seiner unverkennbaren tiefen Stimme: „Tua du die Zweite“. Während der Schützling den Anweisungen des Meisters Folge zu leisten versuchte, war der halbe Jodler schon gespielt und Lois musste dem nach einer zweiten Stimme Suchenden zurufen: „Drüber, drüber!“, bis dieser endlich und zaghaft in die Überstimme fand. Und während Lois eine Wiederholung anstimmte, raunte er einem weiteren Musikanten zu, er möge doch mit der Bassgeige helfen. Und dann wurde es erst spannend: Noch bevor der Bassgeiger eintraf und den ersten satten Brummton erklingen ließ, hatte der Lehrling seinen neuen Jodler zum dritten Mal gespielt, immer noch von den gütigen Augen seines Lehrmeisters scharf beobachtet, wobei jede Korrektur, ob höher oder tiefer, durch energische Kopfbewegungen und Stirnrunzeln unterstrichen würde.

Ein Musikstück in Besitz nehmen

Der Jodler war verklungen und der entspannten Miene des Lois Blamberger war die Lehrtätigkeit nicht anzusehen. Unter seiner Bogenführung wurde kein Jodler oder Steirer zur Etüde. Immer waren der Lernprozess und auch das halbfertige Produkt ein vollwertiges Musikerlebnis. Die einfachen, langsamen Tonfolgen eines Steirers übernahmen seine Schüler vorerst mit hin und her zappelnden Fingern und unsicherer Bogenführung, währenddessen er selbst das Werk genießend vermittelte und der Augenblick über ein Probenerlebnis hinauswuchs. So hat er viele gelehrt, Musikstücke in Besitz zu nehmen, den Melodien beim Spielen mehr Aufmerksamkeit zu schenken.

Wir werden ihn nicht vergessen. Wir sollten vor allem seine Methode weiterzugeben, selbst anwenden, wenn wir gebeten sind, Mittler zwischen uns und der nächsten Generation zu sein.


Der Vierzeiler, Graz, 2/ 1989;  Sätze und Gegensätze, Band 10, Graz, 1999; Grundsätzlich sind alle hier veröffentlichten Inhalte urheberrechtlich geschützt und sämtliche Rechte vorbehalten.