Zur Goldenen Hochzeit von Sophie und Xandl Prügger

Verehrtes Brautpaar, liebe Hochzeitsgäste!Ein Wort zum Beginn: Es ist mir eine Ehre das Wort ergreifen zu dürfen, es an Euch zu richten, um dem Festtag mit seiner schon eingehauchten göttlichen Würde den profanen Sachverhalt angedeihen zu lassen. Der Blick auf die beiden Eheleute mitsamt ihrem Werdegang führt auch zurück in eine raue und karge Zeit die von den beiden gemeistert wurde und das soll erzählt und gewürdigt werden. Wenn Ihr so wollt, bin ich der Erzähler des Lebenslaufes zweier Menschen, die uns sehr nahe stehen. Zuguterletzt aber möchte ich daran erinnern, dass sich im unspektakulären Leben der beiden besondere Tugenden eingeschlichen haben, denen wir Respekt zollen.

Beim Ebenwirt wird gefeiert…

Wir befinden uns hier im unmittelbaren Jagdgebiet der beiden Hochzeiter. Der Arzwaldgraben ist ja das „Hauptschwammerlsuchgebiet“ der Tante Sophie und dem Onkel Xandl. Und hier beim Ebenwirt kehrt der Onkel Xandl oft im Zuge seiner Plotscherbauer-Radltouren ein und die Tante Sophie fährt oft alleine herauf, wenn der Xandl am Berg ist, um hier zu essen und dann noch einen Kaffee zu trinken. Ein zwei Tortenstücke dürfen es dann auch noch sein mitsamt dem großen Gupf Schlagobers. Vielleicht noch zwei Spågatkråpfen in die Folie verpacken zum Mitnehmen, für die Christl und für den Xandl. Das Leben genießen – so ists recht. Und heute feiern wir hier heroben Euren Ehrentag.

Die beiden haben also vor 50 Jahren geheiratet…

Zurück ins Jahr 1963: Man schreibt das Jahr 1963 und Martin Luther King spricht vor dem amerikanischen Kongress die berühmten Worte, die in die Geschichte eingehen sollen. „I have a Dream“ Ebenso legendär sind J.F. Kennedys Worte in Berlin – angesichts der durch eine Mauer geteilten Stadt: Er sagte vor einer begeisterten Menge „Ich bin ein Berliner“ und das machte Hoffnung, die bald begraben wurde, denn der Fall der Mauer sollte erst 26 Jahre später erfolgen. Die Mauer fiel nicht aber Kennedy fiel noch im November des Jahres 1963 einem Mordanschlag zum Opfer. Für die Musiker unter uns: 1963 stirbt der Komponist Paul Hindemith und im selben Jahr wird Anne Sophie Mutter, die Violinvirtuosin geboren. Für die vielen jungen Familienmitglieder sei zitiert: Das österreichische Volkseinkommen pro Kopf und Jahr beträgt 21.820.– Schilling, (heute € 1.590.–) ½ Liter Bier kostet Schilling 4,20 heute wären das € 0,30 Cent. Und die Schlagerwelt bringt lauter Ohrwürmer auf den Markt die bis heute Ohrwürmer geblieben sind. Junge komm bald wieder / Ich kauf mir lieber `nen Tirolerhut / Ich will `nen Cowboy als Mann / Schuld war nur der Bossavoava und Rote Lippen soll man küssen. Ich war damals 14 Jahre alt und spielte mit meinem Vater, meinem Bruder und meiner Schwester meine erste Hochzeit in der Bergsteigerkirche Johnsbach, die Tafel war im Hotel Post in Admont gedeckt. Schlecht haben wir gespielt, die Ehe ist schon lange zerbrochen.

Wer ist eigentlich die Tante Sophie?

Die Tante Sophie ist am 24.4.1931 geboren in Zitoll am Altenburgerhof. Sie war eines von 5 Geschwistern und sie ist mit dem Schurl als Zwilling auf die Welt gekommen. Kindheit und Jugend ist geprägt von Wirtschaftkrise, Krieg und Nachkriegszeit, da hieß es daheim anpacken und Sophie hat im wahrsten Sinne ihren Mann gestellt, weil sie auch die Männerarbeit angegangen ist. Sie ist als junge Frau sehr modebewusst und auch musikalisch tätig. Sie singt einige Jahre im Kirchenchor und dabei wurde aus dem Kontakt zur Familie Lehmann eine Anstellung als Verkäuferin in der Bäckerei. Das war ein Leben bei Kipferl und Nussbeugl – ganz nach dem Geschmack der Tante Sophie. Eines Tages wird wieder einmal die Germ beim Lehmann zugestellt und zwar vom Xandl. Die in den Bäckereien verwendete Germ ist ja ein Nebenprodukt der Brauereien.

Der Bildkalender hinter der Verkaufsbudel zeigte das Jahr 1960 und die Germ ist erfolgreich aufgegangen. Die beiden haben nicht lange vor dem Backofen gewartet, sie gehen miteinander und das ist ziemlich ernst, denn sie planen ein Haus zu bauen. Sophie wechselt zu einem besser bezahlten Beruf ins Landeskrankenhaus als Wärterin. Der Hausbau beginnt mit dem Ersparten und einem Darlehen von öS 30.000.– Heute ist für den Betrag nicht einmal die Dachdeckung zu bekommen. 1963 ziehen sie in das Haus ein und feiern am 3.10. Hochzeit.

Wer waren damals die Hochzeitsmusikanten?

Die Lexnbuam aus der Weststeiermark und der Josef mit seiner Harmonika war damals 20 Jahre alt – heute spielt er zur Goldenen auf.

Sophie bekommt eine Anstellung in der Hufnagelfabrik in Peggau, wo sie Nägel schmiedet, also Nägel mit Köpfen macht, danach arbeitet sie als Aushilfe in der Bäckerei Platzer. Tante Sophie ist Spezialistin in Sachen Naturheilkunde. Sie macht den Schwarzbeerwein nach Pfarrer Weidinger, ebenso Maiwipferlsaft. Nach ihrer Meinung hilft Enzianschnaps für alles – er kann außen und innen angewendet werden. Beides hat sie erprobt und deshalb ist sie – für ihr hohes Alter – eine zache Wurzn. Die beiden Operationen am Knie und an der Wirbelsäule hat sie gut überstanden.

Und wer ist der Onkel Xandl?

Geboren wurde er am 2.2.1934 in Neudorf, sie waren 2 Brüder und 2 Schwestern. Von ihm erzählt man sich, dass er schon sehr früh mobil war – mit einer Zweiradmaschine. Und: Er spielte in der Blasmusik die kleine Trommel und trat früh in die Arbeitswelt ein. Zwischen 1954 und 1958 war er als Holzknecht tätig. Das waren damals die Ausläufer der traditionellen Holzbringung. Es wurde Unterkünfte gebaut und war oftmals tagelang im Forst. Er war, weil er es so gut konnte – als Sterzkocher beliebt, das ist ihm bis heute geblieben. Zu den festlichen Zeiten holt ihn der Edelweißverein. Xandls Heidensterz ist unübertroffen.

Diese Holzarbeit führte ihn auch nach Thörl. Dort gab es Gelegenheit einmal die Woche mit dem Moped nach Wartberg zu fahren, um das Tanzen zu lernen. Später bekam der Xandl eine Anstellung bei der Brauerei in Graz, wo er von der Fasslzustellung per Pferdefuhrwerk bis zum Rang des Kellermeisters aufstieg. Das war eine Welt, die auf den Xandl zugeschnitten war, trotz der doch sehr schweren Arbeit. Xandl kannte Gasthäuser zu Hauff und verblieb nach Übergabe des Lieferscheins immer noch eine Weile – aus reiner Höflichkeit. Dabei verfeinerte er die Kunst des Kartenspiels und war überhaupt der Geselligkeit zugetan. Er studierte dabei die Verhaltensweisen der Stammgäste und kehrte früher oder später um viele Promille klüger zur Brauerei zurück.

Dem Xandl ist aus früherer Zeit viel in Erinnerung geblieben, seinen Erzählungen lauschen wir allzu gerne. Er ist ein lebendiges Archiv. Er erinnert sich auch an die landwirtschaftlichen Arbeiten in seinem Heimathaus, z.B. an die Flachserzeugung, an das Brechln u.s.w.

Und nun sind die beiden 50 Jahre verheiratet…

und noch immer so fit und flott unterwegs, Kompliment! Die beiden leben einen speziellen Luxus, denn sie ernähren sich hauptsächlich aus dem Garten und sind begeisterte Beeren- und Schwammerlsammler, suchen nach Enzianwurzen und laden gerne Gäste zum Grillen ein.

Sie sind stets bereit zu helfen, bei der Waldarbeit, beim Heumachen und auch beim Haus- und Stadlbau. Sie engagieren sich im Edelweißverein, im Alpenverein und in der Pfarre. Sie haben selber keine Kinder bekommen haben sich aber immer um Nichten und Neffen und um deren Kinder gekümmert, waren immer wieder Beistände bei Hochzeiten und Godlleut bei den Neugeborenen. Seit 40 Jahren kümmern sie sich zudem vorzüglich um die Christl.

Beide machen noch immer täglich Gymnastik und diese Beweglichkeit hat auch mit ihrer Freude an den Bergen zu tun. Die 1. Bergtour -schon als junges Paar – unternehmen sie mit dem Lehmann Heinerl auf die Gleinalm. Und forthin sind die Berge ihre Lebensbegleiter. Sie haben gemeinsam alle 3000er Österreichs bestiegen. Sie arbeiten im örtlichen Alpenverein gerne mit und sind mit allen Sinnen bei der Sache.

Früher waren beide auf hohen Gipfeln unterwegs, machten Schitoren, Wanderungen und Klettertouren. Manche Bergtouren betreffen den Xandl – ich möchte aber bei der Aufzählung nicht differenzieren.

Zu den Gipfelsiegen zählen Mont blanc, Großglockner, Piz Palü, Matterhorn, Wilder Kaiser, Monte Rosa, Großvenediger, die Dolomiten und viele Klettersteige. Sie unternahmen eine jährliche Bergtourenwoche in Südtirol mit Martin Schmidbauer und Schiurlaube nach Kitzbühl, Ötztal, Arlberg, Mallnitz, Schweiz. Die Urlaubsziele sind ebenso genannt: Griechenland, Türkei, Kroatien, Canada, China, Südafrika. Dann und wann verlangten sie nach gemächlicheren Aufenthalten in der Therme Radkersburg.

Liebe Tante Sophie und lieber Onkel Xandl!

Ihr beide seid zwei Säulen unserer Familie. Ich möchte herausstreichen, dass Ihr das Kontinuum unserer Familie seid. Altwerden mag zwar eine Gnade für Euch sein, Euer gesundes Altwerden hat aber auch für uns alle eine große Bedeutung – über die Vorbildwirkung hinaus, über Xandls beispielhafte Kondition hinaus, über das Beispiel einer lang gelebten Ehe hinaus und über all das hinaus, was wir als Familie schon alles genossen haben an Zuwendung und Zuneigung.

Ihr beide seid das Bindeglied von Gestern zum Heute, die durchgehende Konstante in einer sich ständig verändernden Familie. Ihr seid wie das fließende Gewässer in trockenen Zeiten und wie eine Insel in Zeiten des Überflusses. Ihr seid wie der stabile Stubentram in Zeiten löchrigen Gemäuers und wie die leuchtende Markierung im dichten Nebel.

Xandl und Sophie, Ihr seid ja besser als ein Familienalbum, weil sich in Euch Geschichte und Gegenwart verlebendigt. Ihr seid der starke Faden über die Jahrzehnte. Während Nichten und Neffen ihren Weg gegangen sind, Häuser gebaut, geheiratet und Kinder bekommen haben, während deren Kinder Schule und Berufsausbildung vollzogen haben. Während die Kindeskinder nach dem Weltendasein greifen, erscheint Ihr beide wie immer seit eh und je, ungebrochen und heiter.

Ja, das ist also unser Jubelpaar, das spielend leicht die Eltern – und Großelternrolle für uns alle eingenommen hat. Wir empfinden es als Reichtum Euch zu haben und deshalb ist heute Dankbarkeit und Jubel angesagt. Alles Gute Euch beiden, Gesundheit und ein langes Leben!


Ansprache zur Goldenen Hochzeit, Ebenwirt bei Frohnleiten, 10/ 2014
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