Da blieb kein Auge und kein Schweißfuß trocken…

Liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer der neunzehnten
Johnsbacher Musikwoche!

Der Abschied ist also eine rührende Sache: Da tummeln sich zwischen den Lachfältchen die frischgepressten Tränen – auch seelischer Stuhlgang genannt. Es wird gedrückt und gebusselt was das Zeug hält, als ob wir uns auf einer Beerdigung befinden würden. Na ja, ein bisserl was hat die Situation von einer Verabschiedung ganz in Schwarz: Wir befördern den Augenblick ins Jenseits und haben dennoch Zugriff auf alle kleinen Köstlichkeiten dieser Woche. Wie das wohl geht? Drücke auf den Button „Erinnerung“ und schon geht der Wirbel wieder los. Wer sich das also ersparen möchte schluchze doch alleine ins Taschentuch.

Wer ist aber schuld daran?

Schuld daran ist nicht der Bossa nova, sondern der River Kwai Marsch, dessen schneidender Marschrhythmus nicht nur die Errichtung einer Eisenbahnbrücke über einen Seitenarm des Kwae-Flusses in Sri Lanka beschleunigt hat, sondern auch uns in die Glieder und Knorpel fuhr. H-Moll ist zumal für Dramatik reserviert, also speziell für Burgschauspieler.

Schön war es, mit Euch am Gate zu stehen, die Abschiedshymnen zu trällern und den Tänzen der Trolleys zu folgen. Zwei Stewardessen führten die Performance klemmero grande zu einem Furioso – das alles im Beisein des Kapitäns, er gab der Reisegesellschaft Sicherheit und rettete sich zeitgerecht ins Cockpit, während sein Adjutant aus dem verdächtigen Karton geschält wurde.

An den Grundfesten des Kirchenhauses gerüttelt

Wer aber schon am ersten Tag von Unmoral geplagt wurde, hatte alsbald Gelegenheit dazu, Abbitte zu leisten: Der Kirchgang war von trockenen Worten gezeichnet, sodass Gottvater ein dröhnendes Gewitter herniederließ, um seinem Unwohlsein Ausdruck zu verleihen. Die Bläser nahmen den Kampf auf und rüttelten an den Grundfesten des Gotteshauses. Habt Dank für so viel Disziplin dort im sakralen Raum ebenso wie beim Donnerischen Nebenaltar und im Dom zu Kölbl, wo uns die Mutter Ingrid in Gruppen zum Trunk vorgelassen hat.

Wir nahmen in Gelassenheit Zuflucht

Sodann folgte der Wandertag ins Ziegenland, wo sich die Emporkömmlinge den Sonnenstrahlen hingaben. Wunderhübsch spielten die Blechorgeln über die Almwiesen, wo seltenes Geblümel die Blütenköpfchen in Richtung Tonquelle reckte. Selbst seltene Schmetterlinge landeten ausnahmsweise abseits ihrer Flugbahn, um dem Flurschaden auszuweichen. Da blieb kein Auge und kein Schweißfuß trocken und kein Mundgeruch unberührt von so viel Gelassenheit im Schoße der in Lieder so oft zitierten Almen, wo die Moosbacheln und Hosentürln zuhause sind – und natürlich Käsehäppchen. Eine schöne älplerische Niederlassung wie diese, die gibt es nicht – mit der Kulisse der bizarren Berggipfel, am Horizont die große Ungewisse und unter dem Schuhprofil die frisch geworfene Kuhflade.

Das biologisch abbaubare Dasein hinaus zögern

Da treten in jedem auch hübschen Kopfe die häusliche Verlassenheit, der stinkende Kühlschrank, die vereinsamte Miele, der zurückgebliebene (!) Partner sowie Verpflichtungen und Verwicklungen, berufliche Parameter und Terminkalender, sonstige Daseinsunwichtigkeiten und lebenswichtiger Nonsens in den Grinterhund, um das Hier und Jetzt dem Genusse zu opfern. Wie gerne lässt man sich hier von einer Biene stechen, von einem Rindvieh einen Fuß brechen – inmitten der Lieblichkeit des biologisch abbaubaren Daseins.

Wir erinnern uns auch gerne an den zauberhaften Abend, als unser Magier ein Bällchen zuerst mit einer Orange, später mit einer Kokosnuss verwechselte. Ja, wir gönnen ihm den 500ter von Herzen, weil er den 10 Euroschein so schön repariert hat. Da kam Stimmung auf, das Unglaubliche feierte fröhliche Urstände und ein Großteil der gebannten Zuschauer hielt Schmuck und Armbanduhren krampfhaft gesichert im Hosensack. Welche Erlösung, als etwas später der Tanz über den Großen Atlantik führte, die Steirertänze zum Fensterl verwickelt wurden und der Körberltanz zu einem Dreikampf ausartete. Guten Morgen Herr Fischer, Sie sind uns ein ganz lieber, Mazurka tanzt man auch mit Burka… u.s.w.

Fragt doch den Arzt oder Apotheker

Wir hoffen sehr, dass Euch nun der Ernst der Lage bewusst ist und Musik nunmehr als schwerwiegendes Phänomen vorsichtig mit Gummihandschuhen begriffen wird. Habt bitte Achtung vor unerwünschten Wirkungen und erzählt bitte Eurem Arzt oder Apotheker vom neuen JodlerApp – damit auch dieses in diesem Brief würdig genannt wurde.

Diese Woche war eine gelungen Annäherung von Stimmen und Herzen, war ein permanentes Spiel mit der Distanz und deren Verringerung und dem Umgang mit den Kräften und Säften. Der Abschlussabend barg einige Überraschungen und dennoch schöne gemeinschaftliche Leistungen für die den Referentinnen und den Referenten herzlich zu danken ist. Euch allen natürlich auch und unserer persischen Gästin. Sie bestellte keine Serbische Bohnensuppe – unsere persische Sonnenpuppe. Es war schön, den Orient in Johnsbach gespürt zu haben.

Die Bitte um Vergebung

Wir kommen zum würdigen Schluss dieser Verzeilung: Kurzum, mit der Abreise war die Überlebensfrage geklärt, alle haben gezeichnet oder auch ausgezeichnet bestanden. Bestechungen führten zu unvorhergesehenen Genüssen, wie etwa das Erzbergbräu, der Schweizerkäse und Hildegards von Bingen Weckerl eindrucksvoll bewiesen. Vom UNERTL Bier gar nicht zu reden – es floss unter Ausschluss der Öffentlichkeit nach unten.

Bleibet uns zugetan, lasst es klatscheln in die Schuah und denkt an die Kloa vadrahte Alm, seid Ihr nun in Frohnleiten, in Wien, Göttingen oder Berlin beheimatet. Und merke: Das Johnsbachtal ist das schönste Ende der Welt und der Kölblwirt besitzt den roten Knopf für die Apokalypse. Solange wir dem Wig die Ohren sollvingen und bollvlasen ist er nicht imstande den roten Knopf zu finden, greift stattdessen immer zum goldroten Zirben. Welch großes Glück ist unser. Denn nur so wird es weiterzirben bis ans Ende unserer Tage. Amen


Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern unserer Musikwochen werden im Nachhinein nicht nur Liedertexte und Noten zugesandt, sondern auch ein brieflicher Gruß als Resümee „nach getaner Tat“; Hier ein Brief nach der Musikwoche in Johnsbach im Gesäuse, 2017; Grundsätzlich sind alle hier veröffentlichten Inhalte urheberrechtlich geschützt und sämtliche Rechte vorbehalten.