Gebt der Tonverlegenheit keine Chance!

Liebe zertifizierte Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Penzinghof-Jodelkurses in Tirol !

Es war eine Freude, Euch die Zertifikate auszuhändigen – als Zeichen einer errungenen Zusatzqualifikation, die einen Mehrwert an Lebensqualität bedeutet. Es ist eine stimmige Spur, eine damit verbundene genetische Veränderung, die auch in Eurem Lebenslauf aufgenommen werden sollte, zum Wohle Eurer Nachkommenschaft.

Es sei Euch für die Aufmerksamkeit gedankt

…und ebenso für all ertragene Schmach im – in aller Strenge durchgezogenen – Unterricht. Ehrlich gesagt: Ganz zu Beginn waren Eure Töne nur zaghaft wahrzunehmen, wehleidig von den Lippen gerutscht und von bröckeligem Zahnstein verlegt. Daneben war das Geräusch von Brücken und Spangen zu vernehmen. Gar nicht zu reden von den Amalgam-Füllungen, die der Klangentwicklung im Mundraum durch klitzekleine Quecksilberpartikel zusetzten. Die Wissenschaft spricht in diesem Zusammenhang ja treffend von „Giftigen Tönen“ (venenosa tones).

Ja, das war der erste Eindruck den wir gewonnen haben und wir wollten schon die Flinte ins Korn werfen. Nur das Wissen um die Gefahren der Wegwerfgesellschaft hat uns daran gehindert…

Schon bald aber waren Eure Körper gespannt

…aufgeplustert unter dem enormen Leistungsdruck und dem Emporschnellen der Luftsäule, sodass schließlich die Hosenträger und Blusenknöpfe ächzten. Dafür aber folgte dann die Belohnung:

Ganz oben aus der Mundhöhle stiegen die Hollareituliös wie die züngelnden Flammen aus den Mäulern der Drachen, wie sie in den Mythen der Erzählungen vorkommen. Ich sah gefletschte Zähne, straff gespannte Halsmuskel und aufgestellte Zehen. Mein Gott, es war schön, Euch so ausdrucksstark zu erleben unter den Felswänden des Koasa, aufgestiegen in das Reich der Tonleitern und gratgewandert zwischen der gesicherten Strahlkraft der harmonischen Klangwelt und dem tiefen Fall ins röchelnde Nichts ausgemergelter Stimmbänder. Ja, das Risiko ist Motivation genug…

Der Gleichklang der Wanderstöcke und Schuhprofile

Wir erinnern uns gerne an die berauschenden Töne am Bergbach und an jene auf der Bergwiese, den warmherzigen Bestrahlungseinheiten der Herbstsonne ausgesetzt. An das Zusammensein in der Almhütte, an die aufheiternden Tropfen aus Georgs Flasche und an viele schöne Gespräche im wandernden Nebeneinander im Gleichklang der Wanderstöcke und der Schuhprofile. Wir danken Euch für diese schöne Zeit…

Anbei also die versprochenen Noten und dazu die Ermunterung, die Stimme zu entfalten – wo sie doch nun schon einmal entdeckt ist! Gebt der Tonverlegenheit keine Chance und macht Euch die Welt der Klänge untertan. Konzentriert Euch auf einen oder zwei Jodler und lasst sie eingehen unter die Haut, zwischen den Knorpeln und Sehnen, in den Drüsen und am zarten Netz der Seele, sodass das Sehnen nach Tönen ein Ende hat. Zeigt Euer Zertifikat vor – vor allem dann, wenn die Nachbarn wegen Lärmbelästigung klagen. Alles was sie haben ist: Noch keinen Jodelkurs besucht.

Wissenschaftliche Wahrheiten und Halbwahrheiten

Wir haben größten Respekt vor Eurer Ausdauer, Disziplin und dem grenzenlosen Vertrauen. Unsere Absicht war ja eine unbescheidene: Euch mit praktischen Erfahrungen zu dienen, ebenso mit Wissensvermittlung über das Jodeln, mit Wahrheiten und Halbwahrheiten, einer Mischung aus Ernst und Humor und stets auch mit jenem Augenzwinkern, welches den Keim der Lustbarkeit in sich trägt…


Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern unserer Jodelkurse und Musikwochen werden im Nachhinein nicht nur Liedertexte und Noten zugesandt, sondern auch ein brieflicher Gruß als Resümee „nach getaner Tat“; Hier ein Brief nach einem Jodelkurs im Penzinghof, 2015; Grundsätzlich sind alle hier veröffentlichten Inhalte urheberrechtlich geschützt und sämtliche Rechte vorbehalten.