Mit oder ohne Senf…

Ob wir uns zwischen den Regalen beim Supermarkt, an der Tür zum Haarschneider oder nach der Sonntagsmesse am Kirchplatz treffen: Entweder wir gehen uns aus dem Weg oder – was zu erhoffen ist – wir gehen aufeinander zu.

In diesem Falle aber stehen wir vor der Entscheidung, die ersten Worte zu wählen, um das Gespräch in Fluss zu bringen. Die Fachleute reden geschwollen von „Kommunikation“, geben uns aber auch keinen Rat, wie das solchermaßen überraschende Gespräch beginnen könnte. Wir selbst aber haben da meist die allerbeste Lösung:

Dankbare Themen sind das Wetter „So a Wetter“ oder ein eben aktuelles Unglück „Wås sågst zu da brochanan Bruckn?“ oder aber eine Hiobsbotschaft wie „Du, da ålte Löwenwirt sperrt zua..“ Erfahrungsgemäß ist damit der erste Schritt getan und man selbst oder der Gesprächspartner ist aufgerufen, die Verwunderung oder Empörung zu teilen oder aber dem Schrecklichen die Schärfe zu nehmen mit den Worten: „Hätt schlimma ausgeh`n können“ (Brückeneinsturz) oder „San ma froh, dass orndtli regnt“ (Wetter) oder aber „Jå, es is hålt a Kommen und Gehen..“ (Wirtesterben) – was immerhin beinahe einer fachlichen Beurteilung gleichkommt.

Spott, Häme und ein Schuss Bosheit

Oftmals gesellt sich aber zur puren Lust ins Gespräch zu kommen, die Freude am Tratsch und Klatsch. Bei menschlichen Schicksalen kann neben dem Bedauern auch Spott und Häme im Spiel sein. Nur ein feines Gehör kann da unterscheiden, ob mit der Bemerkung „Da Lois is kündigt wordn..“ oder „Da Feichtenbauer håt åbghaust..“ mehr als nur die alltägliche Mitteilsamkeit befriedigt wird. Da gibt es feine Nuancen beim Erzählen, aber ebenso beim Weitererzählen. Nicht immer ist Anteilnahme und Betroffenheit alleine herauszuhören, manches Mal sind den beiden eine Prise Bosheit unterlegt.

Die herausposaunte Vorahnung ist wertlos

Nein, niemand von uns ist gefeit vor Genugtuung, wenn im dörflichen Umfeld vom Scheitern die Rede ist, vom verspielten Erbe und von zerbrochener Partnerschaft. Die nachbarliche Vorahnung aber „I håbs jo scho lång komman sehn“ ist einerseits keine große Leistung und für die Betroffenen niemals hilfreich. Die Spötter wähnen sich erhaben und zählen sich zu den wahrhaft Tüchtigen, denen man es nachmachen könnte. Da ist allerdings große Vorsicht geboten, denn auch sie könnten einmal das Gleichgewicht verlieren und aus dem Schritt kommen.

Es steht mir nicht zu, den Moralapostel zu spielen. Ich bin nämlich nur ein aufmerksamer Beobachter, der sich auch an den Absurditäten des Alltags, an den freundlichen Grobianen und an den sonderlichsten Charakteren labt.

Nicht auf jedes Palaver reagieren

Wer mich nun trotz alledem nach meinem Rat fragt, dem sei hier empfohlen, nicht auf jedes Palaver einzugehen und gleich wortreich zu antworten, denn die richtigen Spötter suhlen nach dieser Bestätigung. Ich halte mich gerne an meine Erfahrung und die besagt: Den Senf den ich nicht dazu gegeben habe, der war immer noch der allerbeste…


Härtels kleines Credo, Martinsbote des Pfarrverbandes Deutschfeistritz-Peggau, Übelbach, 2015; Grundsätzlich sind alle hier veröffentlichten Inhalte urheberrechtlich geschützt und sämtliche Rechte vorbehalten.