Der Pfarrfestsound hat Geburtstag – ein Interview

Ein Jubiläum der ungewöhnlichen Art: Die Citoller Tanzgeiger spielten heuer zum dreißigsten Mal zum Deutschfeistritzer Pfarrfest auf. Aus diesem Anlass sprach Toni Gschier mit Hermann Härtel.

Zum 30. Mal zum Pfarrfest aufspielen ist auch für Euch ungewöhnlich – wird das nicht langweilig oder gar zur Routine?

Zugegeben: Es ist aus zweierlei Gründen ungewöhnlich, weil nur wenige Musikgruppen so lange Zeit bestehen und weil sich die Veranstalter für ihr Publikum meist auch eine Abwechslung wünschen. Wir verstehen jeden Musikauftrag als Zuneigung und übernehmen ihn mit großer Verantwortung, denn Musik nimmt oftmals eine Schlüsselstelle ein, wenn es im den Unterhaltungswert geht. Es ist ja kaum zu glauben, dass die Pfarrgemeinde und wir ganze drei Jahrzehnte durchgehalten haben. Routine darf dabei nicht im Spiel sein – das ganze Engagement für den Augenblick ist dabei erforderlich.

Ihr seid selber 30 Jahre älter geworden. Was hat sich in Eurer Einstellung zur Musik und in der Art, wie Ihr sie spielt, mit den Jahren geändert?

Was gleich geblieben ist, ist die Zuwendung zum Publikum. Wir haben schon immer diese sehr intensive Verbindung mögen, das Ansingen der Leute, das Jauchzen und auch die vielen Gespräche in den Pausen. „Man muss die Leute auf seiner Seite haben, bevor man einen Ton gespielt hat“ – das hat mir einmal der alte Ferdl Zwanzger anvertraut. Aber insgesamt hat sich auch die Musik gewandelt, ich denke wir sind auch an unserer Aufgabe gewachsen und das Repertoire hat sich ständig ergänzt. Zuletzt sticht ja die Blasbesetzung besonders hervor. Auch die personelle Besetzung war einem Wandel unterworfen: Früher spielte meine Schwägerin, die Helga mit, später unser Sohn Hermann und die Tochter Resl. Jetzt ist gerade der jüngste Sohn an der Reihe, der Vinzenz. 

Ihr kommt musikalisch viel herum. Was ist für Euch das Besondere am Deutschfeistritzer Pfarrfest? Und ist es nicht so wie beim Sport: Ihr habt hier ein Heimspiel und die Herzen fliegen Euch zu?

So habe ich das noch nie gesehen, aber es stimmt: Die vielen bekannten Gesichter und die dahinter steckenden Verbindungen im Alltag, das ist Motivation pur. Was unsere Auswärtsspiele angeht, so sind diese mit Notfall-Einsätzen zu vergleichen: Überall herrschen andere Bedingungen und Erwartungen. Es spielen andere Mentalitäten, Gepflogenheiten und Rituale eine Rolle. Mit Selbstdarstellung ist da nichts zu holen – es sind immer wieder neue Zugänge zum Publikum zu suchen. Das Heimspiel aber ist wohl die größte Ehre für uns, weil es auch eine Form von Lebensqualität bedeutet, wenn man in seinem Umfeld gebraucht wird.

Eine Pfarre veranstaltet ein Fest, auf dem getanzt, viel gelacht und viel getrunken wird. Das erzeugt keine besonders fromme Stimmung. Darf sich eine Pfarre zu einer solchen weltlichen Veranstaltung herablassen?

Eigentlich müssen das andere Gremien beantworten. Ich denke mir aber, dass es auch eine Art der Frömmigkeit ist, wenn man sich des Lebens erfreut. Tanz und Musik, Singen und Lachen sind also unverzichtbare Übungsstunden für das Zusammenleben im Alltag und ebenso für das spätere Frohlocken im Himmel – das ist die reinste Verflechtung des Göttlichen mit dem Weltlichen. Bei aller Ausgelassenheit, bei allem Jauchzen und Anprosten: Wir Musiker wissen sehr genau, dass es auf einen Mix aus Gastlichkeit, Ohrwürmern und Augenzwinkern ankommt. Unsere Musik war dabei nichts anderes als der Schuhlöffel zur Glückseligkeit.


Interview im Martinsboten, Pfarrblatt Deutschfeistritz-Peggau-Übelbach, 2015; Grundsätzlich sind alle hier veröffentlichten Inhalte urheberrechtlich geschützt und sämtliche Rechte vorbehalten.