Die Ewigkeit hat viele Gesichter

Seien wir doch ehrlich: Wenn wir den Herrn Sohn schon zum wiederholten Male ermahnt haben, sein Fahrrad zur Reparatur zu bringen, dann ist unser Ausruf „Ich hab Dich schon tausendmal gebeten, das Fahrrad….“ eine maßlose Übertreibung. Und zu solchen Übertreibungen neigen wir in allen Lebenslagen.

Während wir vom eigentlichen Wahnsinn des kriegerischen Weltgeschehens umgeben sind, haben wir für das Wort „Wahnsinn“ auch andere Verwendungen. Wir finden ein neues Buch wahnsinnig interessant, jemanden wahnsinnig schön und das Brathuhn mit Pommes wahnsinnig gut.

Furchtbar, Wahnsinn und so weiter…

Ähnlich leichtfertig nehmen wir das „Furchtbar“ in den Mund, welches wir für einen schweren Unfall auf der Autobahn ebenso verwenden, wie für die Stunden in der Almhütte: Da wird es zumal furchtbar lustig und wir haben beherzt gesungen. Kein Wunder also, dass mir diese Dinge schon ewig durch den Kopf gehen.

Was mich unweigerlich zur Ewigkeit hinführt

…deren Dehnbarkeit wir uns erst bewusst werden, wenn wir unseren Sprachgebrauch unter die Lupe nehmen. Der Lift befördert uns in den dritten Stock, wir verspüren das kaum vernehmbare Einrasten irgendwelcher Hebel und dennoch dauert es eine ganze Ewigkeit, bis sich die Schiebetür öffnet. Die ganze Ewigkeit dauert – ich habe nachgemessen – nur etwa drei Sekunden. Der Beispiele gibt es aber viele: Die Verspätung am Treffpunkt – es sind keine vier Minuten unter dem Regenschirm oder sieben Minuten im prallen Sonnenschein – kann zur kaum erträglichen Ewigkeit werden. „Du hast mich ewig warten lassen“ ist inzwischen ein geflügeltes Wort.

Der blanken Sprache die scharfe Wirklichkeit nehmen…

„Ewiglich bin ich Dein“ mutet wie eine Übertreibung an, ist aber als stammelndes Geständnis unter zwei verliebten Augenpaaren eine doch spürbare Dimension von Ewigkeit. Da spielt eben die Poesie mit, die es versteht, der blanken Sprache die scharfe Wirklichkeit zu nehmen.

Im Leben spielt also die Ewigkeit – gleichgültig ob es sich um Sekunden oder Minuten handelt – eine große Rolle. Wir setzen das Wort ganz willkürlich ein, wenn wir auf das Glas Bier warten müssen und ebenso, wenn uns die Zeit im Wartesaal zu lange wird. Zumal meinen wir, dass die gerade verlegten Fliesen ewig halten müssen und ahnen noch nicht, dass sie uns in kaum zwei Jahren nicht mehr zu Gesicht stehen.

Wir lieben die Sekunden-Ewigkeit

Die Ewigkeit ist also nicht messbar und zum Sprichwort verkommen. Dennoch, – sie steht als ein Maß der Unendlichkeit und der zeitlosen Gültigkeit. Angesichts unserer beschränkten Lebensspanne aber, ist usd das Unvorstellbare eher nicht bekömmlich. Wir lieben mehr als die unwirkliche Ewigkeit, die Sekunden-Ewigkeit. Das ist eine, die uns tagtäglich begegnet und der Überbrückung unserer Ungeduld dient. Die Ewigkeit aber? Sie bleibt dennoch unbegreiflich und ewiglich ein ganz großes Thema.


Härtels kleines Credo, Martinsbote des Pfarrverbandes Deutschfeistritz-Peggau, Übelbach, 10/ 2013; Grundsätzlich sind alle hier veröffentlichten Inhalte urheberrechtlich geschützt und sämtliche Rechte vorbehalten.