Zum Abschied unseres Bergkameraden Hubert Wresovar

Verehrter Herr Pfarrer! Liebe Familie Wresovar, liebe große Trauergemeinde und liebe Alpenvereinsfamilie!

„Wir sind ein Stück des Weges gemeinsam mit dem Hubert gegangen“ ist etwas untertrieben ausgedrückt. Für viele von Euch war der Hubert ein Begleiter über Jahrzehnte. Er war einer der Treuen und eine solche Treue wird nicht an den Jahren der Mitgliedschaft bemessen, es ist eher eine, die sich an Werten manifestiert, die all die Jahre gemeinsam getragen wurden.

Es beginnt mit dem Aufsteigen in luftige Höhen, das gemeinsame Ziel anvisierend. Schritt für Schritt ist das eine Annäherung, die auch die Mitteilsamkeit fördert. Da haben wir mit ihm über Gott und die Welt geplaudert, während die Almwiesen in der Blüte standen. „Gott und die Welt“ ist da mehr sprichwörtlich gemeint, den Gott bespricht man nicht, wenn einem das Göttliche so nahe, wenn einem der Himmel so nahe ist.

Mit dem Hubert den Horizont abgesucht

Das hat uns stets verbunden, die stumme Liebe zu einer Landschaft, die keines sterblichen Architekten bedurfte. Die Andacht am laufenden Band angesichts einer Welt in Blüte und der Blick bis zum Horizont, der uns die Unendlichkeit spürbar machte. Im Freizeltjargon nennt man es den Akku aufladen. Das ist ein gutes Bild davon und wir alle wissen, wie sehr wir davon zehren, wie sehr wir diese Ladezeit für die eigentlichen Unbilden an der Talsohle benötigen.

Und nun gehe ich in die direkte Anrede über, lieber Hubert! Du konntest Dich im Gespräch mit Vehemenz einbringen, hast Deine Wertehaltung mit Nachdruck und auch pointiert formuliert. Vielleicht für manche zu heftig. Das war uns aber allemal lieber als das heute verbreitete Geplänkel am laufenden Band – ohne nämlich, dass wirklich dabei etwas gesagt wird.

Die Maßeinheiten der Hubert Wresovar

Das Reden über Gefühle, das pathetische Ausbreiten war nicht Deines, dafür entlud sich Dein Gemüt – als bräuchte es ein Ventil – in der Geselligkeit. Nach einem erfüllten Bergtag hattest Du Deine Freude am Sitzenbleiben und am Singen. Du hattest dafür eigene Maßeinheiten:

Für die Dauer des Aufenthaltes in der Gaststube
Für die Lautstärke beim Singen und Jodeln
Für die kurzen Abstände zwischen den Weinbestellungen

Du weißt schon, dass Du uns manches Mal überfordert hast. Und dennoch sind wir Dir zugetan und dankbar…

 für Deine ansteckende Lebensfreude,
die wir an Deinen Augen ablesen konnten.
Dafür, dass Du uns solch frohen Stunden beschert hast
und uns – die wir mit gewöhnlichen Uhren ausgestattet sind –
die notwendige Zeitverschiebung gelehrt hast.
Und dafür, dass Du Deine Lieder mit bebenden Lippen
und ausholender Gestik gesungen hast.
Es kam jedes Mal einem Erdbeben gleich und
hat uns alle in den Bann gezogen…

Maximum und Minimum neben einander

Ja, so bleibst Du in unserer Erinnerung, als ein Mann, der mit kurzer Hose und Hemd einen Minimalismus an den Tag gelegt und ein Maximum an Lebenslust verkörpert hat.

Und jetzt nehmen wir Abschied. Du warst nie ein Freund von Floskeln und deshalb meide ich ihn, den Satz „Wir werden Dich nie vergessen“. Dir ist nämlich die Vergänglichkeit nie ein Gräuel gewesen, weil Dir das Kommen und Gehen in der Natur ein lehrhaftes Gleichnis war. Also kein Wort vom „Niemals“. Lieber wird es Dir sein, wenn wir Dir versprechen, dass wir Dich stets mit uns mitnehmen in die Berge. Und das tun wir im und von ganzem Herzen. Berg Heil, lieber Freund!


Trauerrede Franziskuskapelle Deutschfeistritz, 6/ 2013; Grundsätzlich sind alle hier veröffentlichten Inhalte urheberrechtlich geschützt und sämtliche Rechte vorbehalten.