Lieber Herr Künstler Franz Kodelic!

Es ehrt mich, in diesem Rahmen sprechen zu dürfen und ich komme zu aller erst zu den Fakten:Geboren wurde der Franz 1948 in Graz und war, wie wir inzwischen alle wissen, eines von damals 2,4 Milliarden Weltwundern, vorerst hilflos und von einem Getränk abhängig, welches uns auch heute noch wegen seiner Verpackung in den Bann zieht. Inzwischen sind wir auf diesem Planeten etwa 12 Milliarden Menschen und damit so viele, dass eine auserwählte Minderheit, die diese Vernissage besucht, dankbar als Wohltat angenommen wird.

Wer ist der Franz Kodelic?

Er, der Franz entstand als einmaliges Kunstwerk seiner Eltern, die ihm das häusliche Milieu boten, um sich im Rahmen der Familie entwickeln zu können. Wenn man bedenkt, dass damals alle Zeitungen noch in schwarz/weiss erschienen sind, ist man ja nicht ganz überrascht, dass es später die Farben waren, die es ihm angetan haben. Die Kleine Zeitung stellte erst 2003 auf kompletten Farbdruck um – in diesem Jahr zog der Franz schon alle Register der reichen Farbpalette.

Seine Eltern wählten den Namen Franz und dieser hat natürlich viele Vettern, beginnend mit dem von Assisi bis zum Beckenbauer, dem Klammer, dem Kafka und dem alten Kaiser. Wenn seine Eltern geahnt hätten, dass es sich bei dem damals hilflosen und stets eingenässten Baby um einen Künstler handelt, wäre es nahe gelegen, ihm einen Künstlernamen angedeihen zu lassen.

Warum hat er keinen Künstlernamen?

Ich will zu dieser Stunde keinesfalls aus dem Rahmen fallen, mache aber heute – und als Freund darf ich das – den Vorschlag, aus Gründen des Einzugs in die Sensenwerk-Seitenblicke-Gesellschaft und in die Reihe der bewunderten Kunst-Begnadeten, sich nun endlich einen Künstlernamen zuzulegen.

Ich will Dir, lieber Franz – nicht zu nahe treten, bitte Dich aber meine Vorschläge zu überdenken und das werte Publikum bitte ich, die einzelnen Vorschläge per Akklamation zu bewerten. (Per Daumen auf und Daumen ab)

Franzschesko Aquarello mäßiger Zuspruch
Pinseli Grande mäßiger Zuspruch
Acryl Permanento mäßiger Zuspruch
Picture Franz anhaltender Zuspruch
Leonardo Francesco anhaltender Zuspruch

Wenn ihnen das alles nicht zusagt, dann hätte ich noch den Vorschlag zu bleiben bei Franz Kodelic. Bitte um ein Zeichen !Totaler Zuspruch! Vorschlag angenommen! Danke für die Entscheidungshilfe, nun aber zurück zur Familiengeschichte:

Die Vorfahren des Malers

Die Kodelics stammen aus der ehemaligen Untersteiermark. Der Urgroßvater aus dem Kreis Cilli wo er – übrigens – auch meine Großmutter hätte treffen können, wenn er hätte gewollt, vielleicht im Rahmen eines Kirchweihfestes.

Sein Großvater war Färber und der Vater Kaufmann. Mehrere weibliche Vorfahren waren Schneiderinnen, mehrere männliche waren Maler und Anstreicher. Moment: Wer hier einen bis in die Jetztzeit pulsierenden roten, künstlerischen Faden vermutet, der irrt. Franz hat meines Wissens noch nie flächendeckend und mit Stehleiter gearbeitet. Außerdem schlägt sein Herz nicht für Rot sondern für das satte Tintenblau.

Die Idylle eines kleinen Anwesens in Weinitzen

Sie sollten aber wissen, dass sich der Franz später von Geidorf über Eggenberg, Wetzelsdorf bis nach Weinitzen hochgearbeitet hat, wo er mit seiner Helene im Rahmen der ehelichen Beziehung die Idylle eines kleinen Anwesens im Schoße saftiger Wiesengründe behaust.

Ja, und er war beruflich in einem Lebensmittelkonzern tätig – in führender Position, ein Konzern, dessen Name uns an den Tiroler Freiheitshelden erinnert, der, als er von den Franzosen erschossen wurde, noch ausrufen konnte: „Ach, wie schießt ihr schlecht“. Ist natürlich nur Historie, aber eine Spur von Fortbildung sollte auch einer launigen Laudatio zu Grunde liegen, – falls jemand vermutet, diese Anmerkung hätte den Rahmen gesprengt.

Wie geht es nun weiter?

Ja, das wäre eine ideale Stelle, um den Faden zu verlieren. Und übrigens ist es auch genau jene Stelle an der meine Frau mir geraten hat, diese Rede eher kurz zu halten.

Ich finde es aber gerecht, Franz Kodelics Jagdleidenschaft zu erwähnen. Auf die Frage aber, warum der Maler und Jäger Franz sich nicht als Jagdmaler betätigt, meint er lapidar -auf diese Idee sei er noch nicht gekommen. Ich würde es als Ahnungsoser so formulieren: Die Pirsch ist die Annäherung an das Leben, es ist das Werden und Verderben selbst. Die Malerei aber ist ein Kind des Gestaltens, der Eingebung und des eigenwilligen Farbenflusses.

Franz aber kann die Sache fachlich begründen: Tiermalerei muss realistisch sein und dabei bedarf es eines Impressionisten. Franz aber ist ein Expressionist, er malt das, was er fühlt. Und an dieser Stelle trifft der Franz den Musiker in mir, der dann gut spielt, wenn er sich gut fühlt. An dieser Stelle danke ich Dir auch für Deine Freundschaft. Unsere Begegnungen bieten stets die Rahmenbedingungen für die Spurensuche aus dem Alltäglichen. Dieser Dank passt hierher, denn er würde am Schluss in die pathetische Leier ausarten.

Achtung: Das waren erst die Vorbemerkungen

Und nun komme ich zur gegenwärtigen Situation des Kodelic-Wandbehanges und sie werden schon fest gestellt haben, dass sich der Künstler entschieden hat, Ihnen einen Einblick zu gewähren in seine Acryltechnik und Mischtechniken. Er hat das Aquarellieren nicht verlassen, aber neue Herausforderungen gefunden.

Euch allen sind seine Aquarelle in Erinnerung, in denen er Stimmungen eingefangen hat. Franz ist keiner, der sich dem Motiv unterwirft, er ist kein Abmaler, er ist einer, der sich inspirieren lässt, und der das Malen lässt, wenn die Inspiration sich verspätet oder sich gerade auf Urlaub befindet.

Und so macht sein Malen Sinn

Er sitzt bei einem Glas Weißwein, den Pinsel zuvor leicht benetzt streichelt er die Farbpalette, während sich die Augen im Horizont verlieren, den Lichteinfall abtasten und die Schattenspiele belächeln.

Letztlich greift er noch einmal zum Weißwein, beinahe hätte er das Malwasser erwischt – und schließt die Augen. Dabei hört er das Summen und Schwirren, er genießt den Duft der Wiese und den Rost des Stacheldrahtes, saugt am Augenblick und beginnt sein Werk. Dabei aber bleiben das Landschaftsbild aus überhöhter Aussicht und ebenso das Wolkengebilde völlig unangetastet.

Franz legt Nebelschwaden hin, die nicht vorhanden sind, zieht den Horizont an einer Stelle, wo er noch nie zu finden war, pflanzt drei Pappeln hinter einem Haus, das noch nicht gebaut wurde und lehnt sich zurück. Dann taucht der den Pinsel ins Zitronengelb, nimmt reichlich Wasser auf und erhebt sich aus seiner Gemütlichkeit.

Er schlägt den Pinsel über den Handrücken und blickt über den Brillenrand in den Platzregen. Welcher Augenblick: Es platschen mehrere Zitronenfalter ins Bild, die er vor Ort noch nie gesehen hat und die dem zuvor taktlosen Gemälde das Leben einhauchen.

Das war es auch schon – ein Bild ist erstanden

Wer mir nun vorwirft ich sei in die intime Stunde eines Malers eingedrungen und hätte ihn heimlich beobachtet, der irrt. Auch meine Darstellung nährt sich aus der Inspiration und zieht frech an der Wirklichkeit vorbei…

Und nun zu einer Mitteilung, die Euren Applaus herausfordert. Der Kodelic Franz hat nämlich meine ganze Bewunderung und meinen Respekt. Er ist trotz seiner Erfolge und der tiefen Verehrung seiner Freunde ein Neugieriger geblieben, einer, den das Streben beseelt, der sich gerne über den üblichen Rahmen hinauslehnt, um zu lernen und um dennoch der F Punkt K Punkt zu bleiben.

Der neugierige, strebsame Franz Kodelic

Für seine Aquarell, – Öl, – Aryl, – und Mischtechniken hat er ab 2004 Studien bei Gerhard Guttmann, Gerhard Almbauer, bei VOKA, bei Lydia Leydolf,  Jos.K.Biersack, Bernhard Eisendle, Erwin Kastner, bei Eftichia Schlamadinger, Christine Buchner und bei Alfred Hansl belegt. Und: Zwischen dem Jahre 2013 und 2015 absolvierte er ein Studium mit dem Titel „Bildnerische Gestaltung, Malerei und Grafik“ an der Leonardo Kunstakademie in Salzburg. 2 Jahre Akademie in Mattsee – so sagt der Franz – das war ein Abenteuer.

Nun zu dieser Ausstellung

Im Hauptraum befinden sich Arbeiten in Acryl, im ersten Nebenraum die Mischtechnik und im zweiten Nebenraum Arbeiten mittels Wachs-Pigmente.

Auf die Frage warum der Künstler seinen Bildern keine Titel gibt, antwortet er wie folgt: Er hat selber kein Thema vorgegeben, deshalb bleibt das Blatt auch namenslos, entsteht für den Betrachter kein Zwang, jede und jeder hat die Freiheit, selbst zu sehen.

Meine Schlussfolgerung: Diese Ausstellung ist also viel größer, weil jede und jeder von Ihnen jedes einzelne Bild anders sieht. Die Hochrechnung ergibt 48 Bilder mal 50 Besucher, also 2.400 Bilder. Das ist für diese Galerie Sensenwerk eine Rekordvernissage.

Und nun komme ich zum längst fälligen Schluss

Der Franz Kodelic malt das alles aus dem Kopf heraus, ohne Plan und dabei ist vieles dem Material und dem Zufall überlassen. Dazu – so sagt er – gehört Freiheit und Mut, man weiß nie, was das Material mit einem anfängt. Der Zufall findet nämlich dorthin, wo die Absicht nicht hinkommt.

Franz Kodelic im O-Ton: „Malen ist für mich ein Spiel mit den Farben und anderen Materialien, dessen Ausgang und Ergebnis manchmal nicht vorhersehbar ist. Erst das fertige Bild lässt erkennen, ob ich diese Auseinandersetzung gewonnen oder verloren habe. Bei der Mischtechnik beginnen das Wollen und Werden eine Ehe. Tropfen werden gesetzt und die Farbe gewählt. Dann kommt Lenkung und Steuerung dazu. Die Motive und Ideen für meine Bilder sowie die spirituelle Kraft für das schöpferische Wirken finde ich vorwiegend in der freien Natur“. Soweit Franz Kodelic.

Der Franz hat unser aller Bewunderung

Bewundern wir also heute und hier des Künstlers Vielseitigkeit, seine Bereitschaft, sich neuen Techniken zuzuwenden, wobei er zugibt, dass es sich um eine harte Arbeit handelt. Er verwendet dabei den Grafitstift ebenso wie Rost als Patina und ich vermute auch Anteile von Asche seiner Zigarillo, Backpulver aus Helenes guter Küche, Sand aus dem Mittelmeer und Fußpuder aus der Hausapotheke. Lieber Franz:

Stimmt das so, oder schieße ich über den Rahmen hinaus? Du kannst gerne korrigieren oder ergänzen…

Zuguterletzt, außerdem und schlussendlich

Zuguterletzt, lieber Franz Kodelic ist Dir zu wünschen, dass Du Deine Leidenschaft noch weiter vertiefen kannst, möglichst lange und mit all Deinem Wissen, Deiner Eingebung. Du sollst die bisher liebevollen Kontakte mit dem Zufall, dem Farbenfluss und der Trockenzeit nützen um den Verwerfungen Zeit zu geben, Effekte blühen zu lassen und die Bruchlinien mögen Deine Willenswege streifen und liebkosen.

So mögen Gebilde entstehen, die die Handschrift Deiner Führung und Fügung besitzen, gleichzeitig aber von Freiheit der Abweichung beseelt sind. Ja, in den Gemälden des Franz Kodelic kann ein katastrophaler Vulkanausbruch eine Augenweide sein und der harmonische Farbenfluss eine Bedrohlichkeit beinhalten.

Sollte der Künstler beim Betrachter Verwirrung auslösen, dann nur zu. Der Franz ist mit seinem Spürsinn meines Erachtens längst der Schöpfungsgeschichte auf der Spur und wie wir alle wissen, war diese alles andere als friedfertig und sie ist bis heute nicht schlüssig. Du, lieber Franz aber, arbeitest an deren Vollendung…

Ich danke Ihnen allen, dass Sie mir so viel Aufmerksamkeit geschenkt haben!


Laudatio zur Vernissage der Franz Kodelic Ausstellung in der Sensenwerk Galerie Deutschfeistritz, 2013; Grundsätzlich sind alle hier veröffentlichten Inhalte urheberrechtlich geschützt und sämtliche Rechte vorbehalten.