Sound of Stübing – Gefährliche Liebschaften auf der Alm

Da gibt’s nichts zu beschönigen: Dort oben muss man schwer arbeiten, ist den Unbilden des Wetters ausgesetzt und hat seine Plage mit den ausgebüchsten Ochsen und Schafen. Von der Einsamkeit abgesehen, die ja auch Gesundung in sich tragen kann, ist das Leben auf der Alm eine Schinderei von früh bis spät, vom Frühjahr bis in den späten Herbst hinein.

Jausenbrettl und Kuckucksuhr

Trotzdem glänzen die Augen der Alten, wenn sie von ihrer Zeit auf der Alm erzählen, denn die Reduzierung auf ein Jausenbrettl, eine Kuckucksuhr und eine Liegestatt ist eine Wohltat für sich. Dazu gesellt sich die Freiheit, die da oben von der Brust bis zum Horizont reicht, mitsamt der frischen Luft, dem würzigen Käse und dem glasklaren Wasser. Die Zwiegespräche mit sich selber sind da auch zu erwähnen. Bei all dem aber ist es die Abgehobenheit, die alle Erschwernisse wettmacht. Abgehoben von der Talsohle, dort wo das Leben von Abhängigkeiten gezeichnet ist, wo es nach der Obrigkeit und der Kirchturmuhr geht und wo die Heuchelei zuhause ist.

Die Jagd nach Einkommen und Auskommen

Die überlieferten Legenden und Lieder sind bis heute im Umlauf. Dabei spielt das Beziehungsgeflecht zwischen dem Jäger, dem Bauer, der Sennerin und dem Wildschütz eine große Rolle. Nicht immer ging es um glückliche und unglückliche Liebschaften, sondern auch um Mord und Totschlag, um Rache und Genugtuung.

Heute ist ein Almausflug eine willkommene Entschleunigung – so zwischendurch während der Jagd nach Einkommen und Auskommen. Dieser Erholungsraum hat sich seit den alten Zeiten kaum verändert und es macht sich in uns ebenso das Gefühl der Abgehobenheit breit, eine die süchtig nach dem Verbleiben macht. Die österreichischen Almen bieten eine Fülle an köstlichen kulinarischen Besonderheiten und an unbeschreiblichen Ausblicken – jeweils bis zum Horizont.

Erotik, Sünde und sonstwas…

Wer aber gar nicht so hoch hinaus will und sich gerne an den historischen Bauten der vergangenen Zeit ergötzt, kommt ins Freilichtmuseum Stübing. Dort vereinigt sich die historische Überlieferung mit der bezaubernden Kulisse. Die alten Melodien transportieren tragisch-erotische Legenden von den zarten Banden zwischen der Sennerin und dem Wildschütz, von der waghalsigen Verfolgungsjagd des Jägers und vom erhobenen hochwürdigen Zeigefinger.

Aus alle dem, was frühere Zeiten an Melodien und Wissen um Erotik und Sünde überliefert ist, schmiedet die Styriarte ihren Sound of Stübing. Vom Almschrei über die almerischen Jodler, den erotischen Liedern der Sennerinnen, dem unvergleichlichen Kärntner Liebenslied, den erotischen Märchen des Helmut Wittmann bis zu den verbotenen „Winkeltänzen“ der Citoller Tanzgeiger, die einem das Fensterln wieder schmackhaft machen. Kurz und gut: Sound of Stübing führt dieses Mal ganz nahe heran an die alte Weisheit: „Auf da Ålm då is koa Sünd“.


Styriarte Magazin, Seite 22-23, 2/ 2013; Grundsätzlich sind alle hier veröffentlichten Inhalte urheberrechtlich geschützt und sämtliche Rechte vorbehalten.