Zitate zum Kommen und Gehen

Nachruf mit Worten

Es ist uns die Sprache gegeben, als ein Wundverband in solch schweren Stunden. Ein schier unübersichtlicher Wortschatz steht uns zur Verfügung der es vermag, eine solche Erschütterung aufzufangen, sie letztlich – eingebettet in das Wort – als heilend zu empfinden, denn im Augenblick des größten Schmerzes liegt auch der Keim des Heilens. HH

Verwerfen um es dann wieder zu entdecken

Der Blick zurück erfolgt von selbst. Dann nämlich, wenn es uns nicht mehr gleichgültig ist, was wir von uns an die Nächsten weitergeben. Die Überzeichnung von Traditionen, d.h. die unbedingte Aufrechterhaltung des Alten ohne Einbindung desselben in heutige Notwendigkeiten, ist ebenso ein Stör­faktor im Prozess des Annehmens der Abfolge von Kommen und Gehen. Aus all diesen Konflikten zwischen den Generationen und aus diesem Traditions-­Erhaltungskrampf spricht Ungeduld und Respektlosigkeit. Letztere deshalb, weil in diesem kräftemessenden Zustand viel an wertvoller, bewährter Substanz über Bord geworfen wird, um sie bald darauf mühsam wieder zu entdecken. HH

Nein, es handelt sich nicht um Beliebigkeit…

Sagen wir es ehrlich: Unser ganzes Tun hat ständig mit dem Veredeln unserer Umgebung, mit dem Veredeln von uns selbst zu tun. Freilich haben wir nicht immer den richtigen Griff. So wird durchaus Schönes bis zur Unkenntlichkeit lackiert oder dem vermeintlich Hässlichen eine Schichte wieder abgehobelt, um dem guten Kern ans Tageslicht zu verhelfen. Das klingt nach Beliebigkeit, und das Ergebnis mag nicht immer vorteilhaft gelingen. Manch schöne Melodie wird zerzaust, verliert sich in Zerlegungen oder wird krampfhaft aktualisiert, um schon bald überholt und verbraucht zu sein. Die Freiheit aber, die wir meinen, beflügelt und das zahlt sich immer wieder aus. Da kann es in diesem Klima des Suchens nach den Wurzeln und Aufziehens neuer Setzlinge auch zu manch göttlichen Augenblicken und Eingebungen kommen. HH

Erinnern und vergessen

Wir haben das Leben in der Natur so oft erleben dürfen, dieses Kommen und Gehen, das Werden und Verderben. Dass alles endlich und nicht unendlich ist, das mag uns in jeder Trauerstunde als Unvollkommenheit anmuten. Zu Unrecht: Dem menschlichen Sein ist nämlich die Erinnerung zur Seite gestellt, freilich auch mit der Lückenhaftigkeit gepaart, bis zum endlichen Vergessen. HH

Jeder Tod ist schrecklich

Dass ihn der Tod am Berg ereilt hat, hat eigentlich nichts Tröstliches. Wir flüchten uns allzu gerne in die heroisch – anmutende Formulierung „Er hat das Leben in den Bergen gelassen“ – als ob der Bergtod der besserer wäre als ein anderer. Nein, es ist immer ein schrecklicher Tod, es ist aber unsere Aufgabe, die Liebe zu den Bergen als eine sehr enge Beziehung zum Göttlichen zu sehen, als eine Annäherung zu Lebzeiten. HH

Der Berg als Spiritualität

Dort wo sich die Distanz zwischen Himmel und Erde verringert, können wir aus dem unendlichen Weitblick Spiritualität erfahren. Da sind wir Bergsteiger alle gleich – manches Mal gelingt es uns, ohne Gebet im Rundblick die Andacht zu halten. Da steht die Zeit still in Bewunderung der Vielgestalt, in Bewunderung des harmonischen Nebeneinander von Fels und Geröll, von grünen Matten und verwitterten Baumkronen, von prächtigen Farben der kleinwüchsigen Blumen. Die gewaltig aufgebäumten Felswände erinnern uns an die eigene Kleinheit, rücken die Gewichtung zurecht – und das ist gut so. HH

Mit Gott und der Welt

Es beginnt mit dem Aufsteigen in luftige Höhen, das gemeinsame Ziel anvisierend. Schritt für Schritt ist das eine Annäherung, die auch die Mitteilsamkeit fördert. Da haben wir mit ihm über Gott und die Welt geplaudert, während die Almwiesen in der Blüte standen. „Gott und die Welt“ ist da mehr sprichwörtlich gemeint, den Gott bespricht man nicht, wenn einem das Göttliche so nahe, wenn einem der Himmel so nahe ist. HH

Wir sind beim Trauern Anfänger

Nein, ich bin kein Freund des herbei geredeten inneren Friedens. Auch die heilsamsten Worte haben ihre Unzeit. Es wäre ja allzu schön, könnten wir das Unfassbare einfach gegen die Dankbarkeit austauschen. Wer aber hat es uns jemals gelehrt – uns, den Eltern, den Großeltern, den Schwiegereltern, den Geschwistern und uns allen? Wir sind auf dem Gebiet des Trauerns alle stümperhafte Anfänger. Alle miteinander. Ja, das schweißt uns auch zusammen, Anfänger zu sein im Leid ertragen. HH

Der Steiner Gretls Abschied

Jede Begegnung mit ihr – auch wenn diese um einen Tag verspätet zustande kam – hatte etwas köstlich Verwirrendes an sich. Nicht alles war schlüssig und bis aufs Letzte durchdacht. Dennoch aber blieb von einem ihrer ätzenden Rundumschläge stets der berechtigte Fingerzeig auf den Kern der Sache. Verurteilen und in Schutz nehmen lag sich in den Haaren. Ja, wenn es so etwas wie eine radikale Demut gäbe, dann würde dies auf die Gretl zutreffen. In solchen Augenblicken stand eine Tasse Kamillentee vor ihr und noch etwas stand im Raum: Die Unwiederbringlichkeit des Augenblicks. HH

Familie ist hohes Kunsthandwerk

Sagte ich Familie? Familie ist ein Zauberwort, aber nur wenige verstehen, dass es die Kunst der Distanz darstellt, dass Familie auf Freiheit und Akzeptanz gebaut ist und wohl die faszinierendste aller Gemeinschaftsbildungen ist. Und auch die Älteste, die den Prozess des Kommens und Gehens darstellt und der Anpassung, der Ablehnung, der Wiederfindung. Das ist hohes Kunsthandwerk: Das permanente Stricken an dem Generationenband. Das hat mit Bussi – Bussi – Gesellschaft nichts zu tun. Familie ist stets Baustelle und nicht Gleichenfeier. HH

Das Handwerk – so sagt man – hat goldenen Boden

Das Musikantenhandwerk hat aber darüber hinaus eine göttliche Fügung, die dem Geiger den Bogen und dem Paukisten die Schlegel lenkt. Das ist keine Anmaßung, sondern der Weisheit letzter Schluss zu dem man nur vordringt, wenn einem die ganze Tragweite irdischen und himmlischen Frohlockens in den Sinn kommt. HH

Wessen Ablaufdatum?

Das Volkslied ist ein Gedächtnis-Transportmittel, ein sicheres, denn sein Ablaufdatum ist nicht abzusehen, unseres schon. HH

Die Ewigkeit…

Ob es den Musikern zugedacht ist, der Ewigkeit die Ouvertüre zu blasen? HH

Die Qualität unserer „Altvorderen“

haben wir lange übersehen und belächelt, abgelehnt, dann entdeckt und geliebt, zuletzt schmerzlich vermisst. Den Zeitpunkt bezeichnen wir mit „zu spät“. Wer kennt nicht die Klage: „Er hätte uns noch viel zu sagen und lernen können.“ Ja, in dieser winzigen Zeitspanne zwischen Erkennen und Vermissen ist auch so manche Melodie hängen geblieben. Die Überlieferung von Bewährtem hat hier ihre ganz kleine Chance. Dieser Augenblick der Besinnung ist wahrscheinlich die Wiege vieler Traditionen. HH

Die Rede von Gefühlen…

Unaustauschbar bleiben Gefühle, deren Ablaufdatum zwar ebenso droht, an dessen Hinauszögerung wir aber ungehindert und lustvoll arbeiten können. HH

Volksmusik hat einen besonderen Augenblicksbezug

Sie ist dem Leben zugeschrieben und das hat mehr mit dem Fortbewegen als mit dem Festhalten zu tun. Es ist wie bei einem verklungenen Lacher: Er hat keine zweite Auflage und das macht die Erstauflage zum Original. HH

Eine Verschwendung

Wastl Fanderl (Volksliedforscher aus Bayern) liebte das Dasein und hatte die Kraft und die Ausstrahlung für das Heute, die andere für die Sehnsucht nach dem Morgen verschwenden. HH

Wer oder was ist alt?

Musik ist niemals alt oder von gestern – wir selbst viel eher.
HH

Keine Angst vor der Vergänglichkeit

Es liegt an Ihnen, die Lieder in ihrer originellen einfachen Sprache zu genießen, oder den Melodien Aktualität einzuhauchen, regionale Begebenheiten zu unterlegen, Namen auszuwechseln. Welch schöne Unterhaltung, die dem Augenblick dient, indem er ihn merklich verlängert und so mithilft, der Vergänglichkeit ein Schnippchen zu schlagen. HH

Ein besseres Miteinander

Wer sich um Traditionen kümmert, um die Gedankenspange von der Herkunft in die Zukunft, um die Lieder, Erzählungen und anderes mehr, der hat auch Gemeinwohl im Sinn. Hier, wo Heimat noch ein Ehrenwort ist, steht auch die Wiege der großen Gedanken um ein besseres Miteinander auf diesem Planeten. HH

Sucht, Gier und Haltlosigkeit

Die kleinen Haltlosigkeiten sollten wir uns leisten, so meine ich. Sie sind noch keine Sucht und noch keine Gier. Es sind ausufernde Gelüste und sie zählen zum Kollateralschaden des Lebens. Die Strafe folgt auf dem Fuß, mit dem überzogenen Haushaltsbudget ebenso wie mit den anwachsenden Problemzonen. Und trotzdem ist das alles im grünen Bereich und gut so, denn wir surfen ein Leben lang zwischen der Vernunft und der Unvernunft, zwischen der Enthaltsamkeit und der Völlerei und wissen längst von unseren kleinen Schwächen. Der Köstlichkeit solcher Augenblicke sollten wir dennoch nicht entsagen, denn es sind diese kleinen Lustbarkeiten, die das pure Leben ausmachen. HH

Die schönste aller Süchte ist die Sehnsucht

Sie führt zu keiner Gewichtzunahme, zu keinem verdorbenen Magen, zu keiner leeren Geldbörse und hat auch kein schlechtes Gewissen zur Folge. Wir sollten uns für diese Sucht entscheiden, sie pflegen und stets neu aktivieren. Ja, mit ruhigem Gewissen Sehnsucht haben – nach den schönen Dingen, nach besseren Zeiten, nach Hab und Gut und nach all den hehren Zielen. Und wir sollten uns das Ersehnte hautnah vorstellen, es den Träumen und Tagträumen zufügen. Die Sehnsucht ist nämlich eine, die schon ohne Erfüllung den höchsten Wert hat, weil sie uns mittels Vorstellungskraft im Voraus eine Freude bereitet, die von der Wirklichkeit gar nicht übertroffen werden kann. HH

Das Göttliche ist eigentlich alltäglich…

Dieses „Göttliche“ werden wir – wie könnte es im Zuge der Volksmusik-Thematik auch anders sein – zu allererst manchen musikalischen Ereignissen zuordnen. Lassen wir aber die Musik aus dem Spiel, dann ist unsere tägliche Erlebniswelt ebenso gespickt mit „göttlichen Augenblicken“. Dann ist es ein edler Tropfen Wein, der Sonnenuntergang am Horizont, der Hirschbraten mit Preiselbeeren, ein Konzertabend oder auch eine Liebesnacht, die „göttlich“ sein kann. Ein Missbrauch des Gottes in „göttlich“? Mitnichten! Das Leben selbst ist es, das Göttliches und Weltliches verbindet, und es liegt auch in der Hand des Menschen, dem Alltäglichen einen größeren Geist einzuhauchen. HH

Der Puls des Lebens

Die schnelle Zeit, Arbeitswelt, die Unrast. Es geht heute um die Maximierung der Leistung, des Wohlstandes – zugleich erleiden wir einen Verlust an Verinnerlichung. Das Wort Völlerei haben wir früher für die unkontrollierte Gier beim Essen verwendet. Heute gibt es eine Völlerei an Eindrücken, Ablenkungen, an Möglichkeiten die Zeit zu verbringen vor allem eine Völlerei des Zeitverbrauchs schlechthin und: Die Unrast hat uns vom Puls des Lebens entfernt. HH

Abgehoben auf der Alm

Für diese kurze Zeit verabschieden wir uns von den Benimm-Dich-Regeln, den selbst auferlegten Zwängen in den Niederungen der Zivilisation, dort wo man sich im dichten Netz der Verkehrsadern so leicht verstricken kann. Aus der Höhe nämlich gleichen die Autobahnbrücken Mäusefallen. HH

Das Lebensfeuer muss geschürt werden

Welch klägliche Liste der Bedrängtheiten kürt uns zum Manager in eigener Sache, lässt uns im Karussell der sozialen Medien aneinander endlos vorbeisurfen, während wir hier heroben am Berg entrückt unser Lebensfeuer schüren, das schon lange nicht mehr geknistert hat. HH

Ein Plädoyer für den Stillstand

Ich bin also für den mühevoll eingelegten Stillstand, nicht nur weil er der Gegenspieler des ungezügelten Fortkommens ist. Nein, der Stillstand ist auch die Geburtsstunde des Augenblicks und der Ahnung, wohin uns der Weg führen wird: Ins beglückende Ungewisse. HH

Machen wir uns nichts vor!

Die Begehrlichkeit geht in Richtung Konsum, es geht um günstige Kleidung, billige Unterhaltung, tägliche und nächtliche Verfügbarkeit von Allem und um Entscheidungen, die lukrativ sind. Machen wir uns erst recht nichts vor: Da gibt es zeitgleich Begehrlichkeiten nach den unauslöschlichen Dingen, den Erlebnissen in der Bergwelt, nach den Begegnungen, die uns aufbauen und nach Melodien, die unser Leben aufblättern und widerspiegeln. Da ist keine Sentimentalität im Spiel, sondern ein Schritt zur Anreicherung des Daseins mit Sinn und Glück. HH

Die gute alte Zeit

Warum schwärmen wir von der guten alten Zeit? Es ist die Sehnsucht nach der Unmittelbarkeit, nach der Überschaubarkeit des Tun und Lassens und dem Fluss vom Erleben zum Erinnern. Mehr an Luxus bräuchte das Leben eigentlich nicht. Begnadet sind also jene, die mitten drinnen im rasenden Fluss der Gezeiten, solchermaßen ihre kleine Welt erobern können und dabei Gelassenheit üben. Wer seine kleine Welt meistert, für den ist die große Welt keine Bedrohung mehr. Wer sich daran hält, dem stehen die guten neuen Zeiten noch ins Haus. HH

Der Himmel so nahe

Es beginnt mit dem Aufsteigen in luftige Höhen, das gemeinsame Ziel anvisierend. Schritt für Schritt ist das eine Annäherung, die auch die Mitteilsamkeit fördert. Da haben wir mit ihm über Gott und die Welt geplaudert, während die Almwiesen in der Blüte standen. „Gott und die Welt“ ist da mehr sprichwörtlich gemeint, den Gott bespricht man nicht, wenn einem das Göttliche so nahe, wenn einem der Himmel so nahe ist. HH

Das Gemeinsame am Berg gefunden

Das hat uns stets verbunden, die stumme Liebe zu einer Landschaft, die keines sterblichen Architekten bedurfte. Die Andacht am laufenden Band angesichts einer Welt in Blüte und der Blick bis zum Horizont, der uns die Unendlichkeit spürbar machte. Im Freizeitjargon nennt man es den Akku aufladen. Das ist ein gutes Bild davon und wir alle wissen, wie sehr wir davon zehren, wie sehr wir diese Ladezeit für die eigentlichen Unbilden an der Talsohle benötigen. HH

Aus einer Trauerrede

Und jetzt nehmen wir Abschied. Du warst nie ein Freund von Floskeln und deshalb meide ich ihn, den Satz „Wir werden Dich nie vergessen“. Dir ist nämlich die Vergänglichkeit nie ein Gräuel gewesen, weil Dir das Kommen und Gehen in der Natur ein lehrhaftes Gleichnis war. Also kein Wort vom „Niemals“. Lieber wird es Dir sein, wenn wir Dir versprechen, dass wir Dich stets mit uns mitnehmen in die Berge. Und das tun wir im und von ganzem Herzen. HH

Über die Größe der kleinen Werte

Zu aller erst ist das Leben einmal verwirrend: Sind wir klein, wollen wir größer werden, sind wir jung, möchten wir schon älter sein, haben wir ein Fahrrad, soll alsbald ein Auto folgen, haben wir eine Wohnung, wünschen wir uns ein Haus, haben wir eine Firma, wünschen wir uns eine Filiale, mehr Mitarbeiter und größeren Gewinn. Her mit den fetteren Jahren und Schlagzeilen, denn im Erfolgreich steckt das Reichsein. HH

Das Große und das Kleine

Alles Erreichte aber trägt den Keim der Sehnsucht nach dem Feinen und Kleinen in sich. Zurück also zum Anfang, als noch jeder Schritt zählenswert und jeder Erfolg an den Schweißtropfen abzulesen war: Wieder einmal im Einmannbetrieb ohne Lohnverhandlungen auskommen, nur für die Wohnung und nicht für das Hausdach verantwortlich sein, wieder einmal beim Dorffest sein, in der Theatergruppe mitspielen, Familie und Nachbarschaft genießen. Diesen Widerstreit erleben wir alle, denn des Menschen zügellose Strebsamkeit überflügelt allzu gerne die kleine Portion Genügsamkeit, die in uns einen allzu trägen Winterschlaf hält. Wer also in diesen Wankelmut verfällt und sich lachend aus der GigantomanieErfolg, Töne, Weltmusik, UNESCO, Völker, Kulturerbe, Immaterielles Kulturerbe, Wertigkeit unserer Zeit zu lösen versucht, der hat die Frühjahrskur seines Lebens bereits begonnen. HH

Auf nach Nebenklingenberg

Wieder mehr singen, spielen und tanzen wäre auch ein Schritt in Richtung weltweiter Selbstversorgung, denn die Lieder aus Nebenklingenberg sind nicht nur wegen ihrer Kleinheit ein großer Erfolg. Nein, wo die Töne zum Leben gehören, sind sie auch ein Stück Weltmusik. Die Lieder der Völker stehen übrigens auch im Schutze der UNESCO und genießen als „Immaterielles Kulturerbe“ zu Recht eine hohe Wertigkeit. HH

Was ist also Heimat?

Alles in allem ist das Heimkommen schön und erst recht, wenn sich das Haupt auf das gewohnte Kopfpolster legt. Wie sich die Gebeine an die Matratze schmiegen und der Duft der frischen Wäsche in die Nase zieht. Ja, der Heimat-Begriff wird in diesem Augenblick fühlbar und das ist gut so, denn er wurde zu lange missverstanden, als ein Zeichen der Enge, der Engstirnigkeit und des Stehenbleibens. HH

Was brauchen wir noch alles?

Was brauchen wir noch alles, wenn der Garten verpflastert, der Keller verkachelt und die Jalousien runtergelassen sind? Wenn der Zaun nie mehr rostet und die Hecke jedem fremden Einblick standhält und auch keinen Ausblick mehr zulässt und die Goldfische solarbetrieben im Becken kreisen? Wenn sich das Garagentor automatisch öffnet und das Gewächshaus ebenso selbständig schließt? Wenn wir den Rasenmäher nur mehr grasen schicken und die Gartenzwerge unsere alten Lieder pfeifen? HH

Bestens: Die Zeit verbraten…

Wie gut aber, dass wir dann und wann den Ausgleich suchen, die Gelassenheit als Würze des Lebens. Wie schnell stellen wir dankbar die Schaufel zur Seite, wenn der Nachbar der Mitteilsamkeit verfällt. Wie schnell wandeln wir uns zu Trödlern und Sitzenbleibern, wenn wir im Ort Freunde treffen oder wenn wir den Tag vor einer Almhütte verklingen lassen. Ja, da wird der Geduldsfaden zum handfesten Seil, die Zeit ist zum Strecken bereit wie der Topfenstrudelteig und nicht selten lehnen wir uns zurück, um das Sitzfleisch zu entlasten und um der Zeiteinteilung die Stirn zu bieten. Wir verbraten die Zeit und schnuppern genüsslich am Zirbenschnaps. HH

Von der Würze des Lebens

Da kann einem das Herz übergehen – wenn wir inmitten unserer urbanen Welt das Kleinod entdecken. Ich halte nicht viel von Untergangsstimmungen und der Lobrede an frühere Zeiten. Nein, wie herzhaft kann man auch aus einem noblen Fahrzeug lachen, über dem Aluminiumbalkon jauchzen und am Asphalt tanzen. Lebensfreude war allzeit das Triebwerk des Zeitenlaufs und musikalisch-poetische Kenntnisse die Würze des Lebens. HH

Vom Nutzen der Vergänglichkeit?

Der Gedanke an die Natur erfasst die Menschheit in wiederkehrenden Schüben und das hat auch seine Berechtigung. Wir kurzzeitig auf diesem Globus Anwesenden, sind früher oder später allesamt auf der Suche nach der Wahrhaftigkeit und in Sorge um die schwindenden Ressourcen. Dazu bedarf es keiner Verklärtheit, sondern des lebenslangen Resümierens. Erst ganz spät sind wir dazu bereit, sogar in der Vergänglichkeit einen Nutzen zu sehen. HH

Die wallfahrenden Musikanten nach Mariazell

Sie trafen sich alljährlich in Bayern und Südtirol zu Musiktagen und kamen nach Mariazell, um der Freundschaft und Dankbarkeit willen. Weil Musik derart intensiv verbindet und das Auseinandergehen beinahe schmerzhaft erlebt wird. Vokale Klangerlebnisse sind nämlich dem Verbleiben aber nicht dem Auseinandergehen zugeschrieben. Sie kommen einem klanglichen Gefangensein gleich. Da wird in Harmonie gebadet und wieder auferstanden. HH

Zu aller erst ist das Leben einmal verwirrend

Sind wir klein, wollen wir größer werden, sind wir jung, möchten wir schon älter sein, haben wir ein Fahrrad, soll alsbald ein Auto folgen, haben wir eine Wohnung, wünschen wir uns ein Haus, haben wir eine Firma, wünschen wir uns eine Filiale, mehr Mitarbeiter und größeren Gewinn. Her mit den fetteren Jahren und Schlagzeilen, denn im ErfolgREICH steckt das REICHsein. Alles ErREICHte aber trägt den Keim der Sehnsucht nach dem Feinen und Kleinen in sich. Zurück also zum Anfang, als noch jeder Schritt zählenswert und jeder Erfolg an den Schweißtropfen abzulesen war. Wieder einmal im Einmannbetrieb ohne Lohnverhandlungen auskommen, nur für die Wohnung und nicht für das Hausdach verantwortlich sein, wieder einmal beim Dorffest sein, in der Theatergruppe mitspielen, Familie und Nachbarschaft genießen. Diesen Widerstreit erleben wir alle, denn des Menschen zügellose Strebsamkeit überflügelt allzu gerne die kleine Portion Genügsamkeit, die in uns einen allzu trägen Winterschlaf hält. Wer also in diesen Wankelmut verfällt und sich lachend aus der Gigantonomie unserer Zeit zu lösen versucht, der hat die Frühjahrskur seines Lebens bereits begonnen. HH


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