Zitate zum Thema „Volksmusik und Virtuosität“

Die Ursprünglichkeit und die Keimfreiheit

Immer mehr stellt sich heraus, dass mit der überall spürbaren Renaissance der Volksmusik ein Mehr an präsenter Produktionen, an kabarettistischen und akrobatischen Spielarten, zugleich aber auch ein Weniger an Ursprünglichkeit erreicht wurde. Das mag ein subjektives Empfinden sein und ich sehe dies ja auch aus der Perspektive des Forschenden, dessen Auge und Ohr über mehrere Jahrzehnte Entwicklungen analysiert. Nun, der Ruf nach ihr muss geklärt werden: Was ist denn mit der Ursprünglichkeit gemeint, die stets im Windschatten des Stillstands und Rückstands vermutet wird? Am ehesten hat sie mit der unmittelbaren musikalischen Versorgung zu tun, mit der  vielzitierten dienenden Rolle der Musik und ebenso mit ihrer Rolle im rituellen Leben des Menschen, wobei ich nicht nur dem Althergebrachten sondern auch dem Neuhinzugefügten das Worte rede. Ich bin immer wieder bass erstaunt, wie sehr Volksmusik-Konzertbesucher mit den Lippen stumm die Texte formen, weil sie ihren Liedbesitz am liebsten mitsingen möchten, während auf der Bühne ein musikalisches Allgemeingut in monokultureller Dreistimmigkeit keimfrei zelebriert wird. Habe ich jemanden beleidigt? Habe ich jemanden aus der Seele gesprochen? HH

Vieles ist nur eingeübte Ausübung

Dem Konzept liegt vor allem die Erkenntnis zugrunde, dass gute Musikerinnen und Musiker im wöchentlichen Ensembleunterricht jede nur erdenkliche Perfektion erreichen und Volksmusik ausreichend gut interpretieren können. War es das aber? Ist das Herantasten an das Thema, das Kennenlernen von Land, Leute und Ihrer Musik und das Musikerlebnis vor Ort nicht um vieles lehrreicher? Da werden doch Bilder mit Tönen verknüpft, emotionale Augenblicke mit Melodien verwoben. Welche Überraschung, jemanden zuhören zu dürfen, der stundenlang singen kann, alle Texte und Melodien auswendig kennt und noch dazu jede Stimme. Da ist jemand, der sich über die Musiktheorie hinwegsetzt und seine kargen Lebensbedingungen als Bergbauer mit Musik vervollkommnet. Niemand würde nach diesen Stunden die Einteilung in Laienmusiker und Berufsmusiker zulassen. Das ist fundierte Kenntnis, ist gelebte Musik im Gegensatz zu eingeübter Ausübung. Leider stellen wir ja die Lebensgesetze von Volksmusik immer wieder selbstgefällig hintan, indem wir sie dem Regulativ der Bildungsschiene unterwerfen. HH

Auf die Augen kommt es also an

Etwas aber von der elementaren Kraft und Wirkung der Musik wünschen wir uns nach wie vor. Sie soll anrühren, erheitern, beruhigen. Und oftmals denken wir uns: Wenn nur jeder Virtuose so strahlende Augen hätte wie der Musikant an der Ecke. HH

Die Sehnsucht nach dem musikalischen Wildbach

Hier heroben verlassen wir die plangewalzten Wege, die Randstein-eingefasste Ordnung, dies zurechtgeschnittene Heckenlandschaft. Ja, unser Auge ist schon an das alles gewöhnt und doch erscheinen uns nun die Felstrümmer, die dazwischen wuchernden Farne und die umgestürzten Baumriesen nicht als Unordnung sondern als harmonisches Ganzes. Nun sind wir stehengeblieben um auf die Nachkommenden zu warten. Ob dieses Bild von harmonischer Unordnung vielleicht auch bei der Musik eine Rolle spielt? Gerade die Volksmusik weicht ja von musiktheoretischen Vorgaben allzu gerne ab. „Der Mensch“ – meint einer unserer Begleiter – „hat fast alles reguliert, und deshalb gibt es aber auch eine Sehnsucht nach dem musikalischen Wildbach. HH

Die Notwendigkeit als Treibstoff

Um gute Musik zu machen, bedarf es nicht unbedingt der Musikausbildung. Der vorhandenen Musikalität genügt die Notwendigkeit als Treibstoff. Die Überbewertung der Musikausbildung hat den einstmals faszinierenden freien Umgang mit der eigenen Musikalität fast verstummen lassen. Und das ist ein herber Verlust. HH

Über die Schulter geschaut…

Der Bad Ischler Geiger Lois Blamberger. Wie viel Liebe und Bestimmtheit doch in seinem rauen Geigenstrich lag. Er war ein Virtuose im ursprünglichen Sinn, denn er hat sein Augenzwinkern, seinen Puls und eigentlich sein ganzes Leben in einer Melodie verstricken können. Da durften wir dabei sein und der gewonnene Mehrwert hat über all die Zeit angedauert. Der Gedanke an ihn birgt also immer wieder auch ein kleines Bruchstück vom Rotkröpferl in sich. Eine Lebensspur, die der Lois für uns gezogen, gestrichen und gekratzt hat. HH


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